Prozess in Krefeld Mutter von totem Grefrather Säugling will sich nicht erinnern

Eine 24-Jährige muss sich wegen Totschlags vor Gericht verantworten, weil sie ihr Baby getötet haben soll. Die Schwangerschaft habe sie verdrängt, berichtete die Beschuldigte nun.

 Die Angeklagte vor Gericht. (Archiv)

Die Angeklagte vor Gericht. (Archiv)

Foto: samla

Die Beschuldigte soll im 12. Oktober vergangenen Jahres in ihrem ihrem Zimmer der elterlichen Wohnung einen männlichen Säugling geboren haben. Unmittelbar nach der Geburt habe die junge Frau ein T-Shirt um den Hals des Neugeborenen gewickelt, dieses zusammengezogen und das Baby anschließend unter ihrem Bett versteckt. Dabei musste sie, laut Anklageschrift, davon ausgehen, dass der Säugling wegen ihrer Handlungsweise ersticken könnte. So geschah es auch.

"Ich habe das mit der Schwangerschaft schon irgendwie mitbekommen, aber so getan, als wäre nichts", erklärte die Beschuldigte am Mittwoch bei der Befragung. Sie hätte sich einfach keine Gedanken darüber gemacht, ihren Zustand komplett verdrängt. Sie könne nicht sagen, was sie über "das Ganze" gedacht habe. Sich jemandem anzuvertrauen, von der Schwangerschaft zu erzählen, wäre für die junge Frau ebenfalls nicht in Frage gekommen. Über die Geburt und generell über das, was auf sie zukomme, habe sie auch nicht nachgedacht.

Ohne Erinnerungen aufgewacht

An den Tag vor der Geburt könne sie sich recht gut erinnern, ihr sei es nicht gut gegangen. Von dem Tag, als der Säugling dann zur Welt kam, "weiß ich gar nichts mehr". Ihre Erinnerung habe erst wieder im Krankenhaus eingesetzt: "Da bin ich aufgewacht."

Ihr 55-jähriger Vater sagte im Zeugenstand aus, dass er von der Schwangerschaft seiner Tochter nichts mitbekommen habe, "auch zum Schluss hin nicht". Es wäre ihm wohl aufgefallen, dass sie zugenommen habe. Es sei ihm aber zu keinem Zeitpunkt in den Sinn gekommen, dass sie ein Baby erwarten könnte. "Wenn ich das gewusst hätte, wäre es jedoch kein Problem für mich gewesen", ergänzte er.

Am Tag der Geburt sei er zu Hause gewesen. Weil es seiner Tochter schlecht ging, habe er zuweilen nach ihr geschaut. Am Nachmittag habe sie dann so elend ausgesehen — "sie war so blass und redete nicht klar" — dass er sich entschied, einen Krankenwagen zu rufen.

Angeklagte macht Lehre zur Altenpflegerin

Zu ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder habe sie eine "sehr gute" Beziehung, erzählte die Angeklagte bei der Befragung am Mittwoch. In der Schule sei es anfangs nicht optimal gelaufen. Da sie unter Dyskalkulie (eine Rechenstörung) leide, sei sie in Mathematik nicht mitgekommen. Die Gesamtschule habe sie schließlich nach der 10. Klasse mit dem Hauptschulabschluss verlassen. "Später gelang es mir, die mittlere Reife zu erlangen", ergänzte die 24-Jährige. Nach einem sozialen Jahr hätte sie schließlich eine Lehre zur Altenpflegerin begonnen, die momentan noch nicht abgeschlossen sei.

Als sie vier Jahre alt war, erkrankte ihr Vater schwer. Er sei jahrelang in Behandlung gewesen, und als die Grefratherin neun oder zehn Jahre alt war, wäre er einmal vor ihren Augen in der Küche zusammengebrochen. "Seitdem machte ich mir ständig Sorgen um ihn", sagte die junge Frau. Probleme habe sie, auch um den Vater nicht zu belasten, "in sich hinein gefressen". Mit 21 Jahren sei sie von zu Hause ausgezogen und habe mit ihrem ersten richtigen Freund eine Wohnung geteilt. Die Beziehung sei aber nach nur einem Jahr gescheitert. Anschließend sei sie wieder bei ihren Eltern eingezogen. Wenig später habe sie einen neuen Mann kennengelernt. Von dem sei sie dann, trotz Verhütung, schwanger geworden. Das habe sie aber erst gemerkt, als beide schon wieder getrennte Wege gingen.

Der Prozess wird am 9. Mai fortgesetzt.

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