Stadt Kempen Versuchter Totschlag: Viereinhalb Jahre Haft für Kempener

Stadt Kempen · Die 2. Große Strafkammer des Krefelder Landgerichts hat gestern einen 60-jährigen Kempener wegen versuchten Totschlags sowie vollendeter gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der ehemalige Sporttrainer und spätere Fernfahrer hatte seine Ehefrau Mitte November vorigen Jahres in der früheren gemeinsamen Wohnung in Kempen mit einem Küchenmesser in die rechte Schulter gestochen. Einen weiteren Messer-Angriff, der in Richtung Oberkörper ging, hatte die Frau abwehren können. Schlimmeres verhinderte schließlich einer der drei erwachsenen Söhne des Ehepaares, der dazu kam und seinen Vater durch Faustschläge ins Gesicht außer Gefecht setzte.

Ein psychiatrischer Gutachter erklärte gestern im dem Prozess, dass der 60-Jährige definitiv ein Alkoholproblem habe, obwohl der Kempener dies leugne: "Seine Herzerkrankung sowie erhöhte Leberwerte sprechen für einen langjährigen, intensiven Alkoholkonsum", so der Facharzt. Was den Charakter betreffe, so sei der Mann zwar "schnell reizbar" und er nehme bestimmte Dinge "ziemlich eingeengt" wahr, eine Persönlichkeitsstörung oder eine psychische Erkrankung läge aber nicht vor. Zum Zeitpunkt der Tat wäre der Kempener zwar betrunken gewesen, trotzdem aber steuerungsfähig und "sehr klar". Konkret habe er sich zum Beispiel ganz normal bewegt und auch nicht gelallt.

In ihrem Plädoyer verdeutlichte die Staatsanwältin, dass - vor allem durch den hohen Alkoholkonsum des 60-Jährigen - Gewalt seit vielen Jahren "Bestandteil der Ehe" war. Der Kempener habe zwar seine Alkoholsucht geleugnet und zudem bestritten, seine Frau geschlagen zu haben. Beide Aussagen hätten sich aber im Laufe des Prozesses als unwahr herausgestellt. Die Anklagevertreterin forderte eine Haftstrafe von fünf Jahren. In ihrem Plädoyer wies die Verteidigerin dagegen darauf hin, dass die Tat hätte verhindert werden können, wenn sich die Eheleute schon vor langer Zeit getrennt hätten. Sie bat um eine mildere Strafe. Dreieinhalb Jahre Haft seien angemessen, meinte sie.

Das sah die Kammer jedoch anders, schließlich sei bei dem Kempener Vorsatz erkennbar: "Er nutzte zum Beispiel das Überraschungsmoment, um seine Frau mit dem Messer anzugreifen." Durch den Alkoholkonsum vor der Tat sei der Mann zwar enthemmt, aber trotzdem steuerungsfähig gewesen. Strafmildernd wurden unter anderem das Geständnis des 60-Jährigen gewertet sowie die Tatsache, dass er nicht vorbestraft ist.

(sste)
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