Kreis Viersen Viel zu wenige Unternehmen bilden aus

Kreis Viersen · An den Berufskollegs steigt die Zahl der Vollzeitschüler, weil das Ausbildungsplatzangebot im Kreis Viersen "unterirdisch" ist, stellt die Leiterin des Berufskollegs Viersen, Gisela Werner, fest.

Kreis Viersen: Viel zu wenige Unternehmen bilden aus
Foto: Reuter, Michael (mreu)

Die Sorgen vieler Unternehmen, künftig keine ausreichenden Fachkräfte zu finden, können so groß nicht sein. Im Ausschuss für Bildung und Familie des Kreistags löste Gisela Werner, die Leiterin des Berufskollegs Viersen, eine Debatte über die Ausbildungswilligkeit von heimischen Unternehmen aus. "Das Ausbildungsplatzangebot der Unternehmen im Kreis Viersen ist unterirdisch", stellte sie fest.

Regelmäßig legt die Kreisverwaltung die Schülerzahlen in ihren Bildungseinrichtungen vor. Daraus lässt sich eine stetig steigende Zahl an Vollzeitschülern in beiden Berufskollegs ablesen. Zwar meint Schuldezernent Ingo Schabrich, dass bald eine Sättigung erreicht sei. Außerdem wende der Kreis in Kooperation mit Arbeitsagentur, Industrie- und Handelskammer sowie der Kreishandwerkerschaft Niederrhein alle verfügbaren Instrumentarien an, um jungen Menschen Ausbildungsplätze anzubieten.

Aber Stefan Sillekens (CDU) zeigte sich davon nicht überzeugt. "Die Politik muss da Klartext reden. Es nutzt den jungen Menschen nichts, wenn Sie weiße Salbe verteilen", sagte er. "Wir beobachten eine Tendenz weg vom dualen System, für das Deutschland weltweit bewundert wird, hin zum Studium", stellte Sillekens fest. Es sei dringend geboten, ein "paar Fehlentwicklungen" zu korrigieren. "Wir kommen nicht wirklich qualitativ voran", klagte er.

Die Folgen auf dem Arbeitsmarkt treten schon jetzt zutage. "Auch uns nahestehende" (Sillekens) Unternehmen bilden nicht aus. Einige Betriebe im Kreis Viersen holen sich Lehrlinge aus Krefeld oder Mönchengladbach. Auch das sei eine fatale Fehlentwicklung, zumal solche Azubis sich das Berufskolleg selbst aussuchen dürften, berichtete Gisela Werner.

Als sie vor acht Jahren die Leitung im Berufskolleg Viersen übernahm, hatte sie 80 Lehrkräfte im Kollegium, heute sind es 115 - eben wegen der steigenden Zahl der Vollzeitschüler. Noch reiche das Raumprogramm aus, auch wegen der guten Kooperation mit dem Weiterbildungskolleg (Abendgymnasium). Ihr sei es aber wichtig, dass die Berufskollegs von Unternehmen als gute Partner in der Ausbildung wahrgenommen werden.

Die Berufskollegs nehmen vermehrt auch Flüchtlinge auf, in erster Linie junge Menschen, die berufsschulpflichtig sind. In Tönisvorst hat das Kempener Kolleg drei Klassen eingerichtet, am Schulort Kempen gibt es eine vierte Klasse. In Dülken gibt es bereits eine Klasse, eine zweite folgt auch dort.

Gisela Werner berichtete, dass dafür Räume und Lehrerteams geschaffen werden müssten. Zwar gebe es monatlich zusätzliche Stellenausweisungen durch das Land, aber es fehlten die Lehrkräfte, um sie zu besetzen. Das Berufskolleg biete daher auch anderen Lehrern mit erforderlicher Qualifikation Stellen an.

(RP)
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