Stadt Kempen Wärmestube ist Ziel von Wohnungslosen

Stadt Kempen · Die Zahl der Obdachlosen, die die Übernachtungsstelle für Nichtsesshafte an der Kleinbahnstraße in Kempen nutzen, ist gestiegen. Der Katholische Verein für soziale Dienste (SKM) schlägt Alarm.

 Helene Könnes vom SKM kümmert sich seit 28 Jahren um Obdachlose. Der SKM hat eine Anlaufstelle an der Kirchstraße 1 in Kempen.

Helene Könnes vom SKM kümmert sich seit 28 Jahren um Obdachlose. Der SKM hat eine Anlaufstelle an der Kirchstraße 1 in Kempen.

Foto: Kaiser

Lag vor drei Jahren die Zahl der Übernachtungen in der Kempener Übernachtungsstelle für Nichtsesshafte bei 1971, so sind es inzwischen 2190 Übernachtungen, die die Einrichtung pro Jahr verzeichnet - Tendenz steigend. Insgesamt 15 Plätze stehen obdachlosen Menschen zur Verfügung. Die verstärkte Nachfrage hat für den Katholischen Verein für soziale Dienste (SKM), der in Kempen eine Beratungsstelle betreibt, eine eindeutige Ursache. Seit Längerem macht bereits die Zentrale Beratungsstelle für Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten auf ein großes Problem aufmerksam und das ist fehlender preiswerter Wohnraum.

"Wir brauchen dringend preiswerten Wohnraum und das vor allem für Einzelpersonen", sagt Helene Könnes von der Wohnungslosenhilfe des SKM in Kempen. Das gilt dabei nicht nur für die Thomasstadt, sondern betrifft alle Städte und Gemeinden im Kreis Viersen. Gerade in der kalten Jahreszeit fragen Menschen verstärkt nach Schlafmöglichkeiten. Die stationären Einrichtungen sind überfüllt. Wer in der Winterzeit dort einen Schlafplatz gefunden hat, der gibt ihn in der Regel nicht mehr ab. Das heißt, die Menschen bleiben nicht nur für einige Nächte in den Unterkünften, sondern länger. Gerade in den größeren Einrichtungen halten sich Menschen auf, die teilweise dauernd dort leben wollen. Viele möchten ihr Leben "ohne Dach über dem Kopf" aufgeben, aber es mangelt an Wohnraum, in den diese Bürger ziehen könnten.

Auch die Zahl der Klienten steigt, die beim SKM Hilfe suchen. Waren es im Jahr 2015 noch 316 Personen, so waren es bis Mitte Dezember 2016 bereits 361 Menschen. "Gut 70 Prozent der ratsuchenden Menschen sind wohnungslos", sagt Helene Könnes. Die Alterspanne reicht von 18 Jahren bis ins hohe Alter. Klienten, die älter als 70 Jahre sind, sind dabei keine Seltenheit. Der Anteil der Frauen liegt bei 25 Prozent. 30 Prozent sind unter 30 Jahren und 14 Prozent unter 21 Jahren.

"Meiner Einschätzung nach ist der Wohnungsmarkt deutlich problematischer geworden und das spiegelt sich in diesen Zahlen unter anderem wider", sagt Helene Könnes. Das Klientel, das auf der Straße lebt, hat sich in ihren Augen verändert. Die Fähigkeiten, ohne festen Wohnsitz ein Leben zu führen, waren früher bei diesen Menschen viel ausgeprägter. Wenn dagegen heute jemand in die Situation gerät, wohnungslos zu werden, so weiß er oftmals überhaupt nicht weiter.

"Als ich vor 28 Jahren mit meiner Betreuungsarbeit anfing, gab es weniger Angebote im Bereich der ambulanten Hilfen, aber irgendwie kamen die Menschen besser klar", berichtet Helene Könnes. Die Diplom-Sozialpädagogin vergleicht die Situation gerne mit einem Menschen, der noch nie arbeitslos war. Dieser wüsste im ersten Moment auch nicht, was nun zu tun sei. Die Gründe, eine Wohnung zu verlieren und auf der Straße zu landen, sind vielschichtig. Eine familiäre Änderung - sei es durch Tod, Streit oder Scheidung -, psychische Probleme, Arbeitslosigkeit, eine Sucht oder Schulden, all dies kann der Auslöser dafür sein, das eigene Leben nicht mehr in den Griff zu bekommen.

In Kempen steht obdachlosen Menschen die Wärmestube an der Kleinbahnstraße 14 a zur Verfügung. 24 Stunden am Tag geöffnet bietet sie sowohl tagsüber als auch während der Nacht Menschen, die auf der Straße leben, Unterkunft. Auf zwei Etagen finden hier Männer sowie Frauen nicht nur einen Platz zum Schlafen, sondern sie haben auch die Möglichkeit, ihre Wäsche zu waschen. Es gibt einen Gemeinschaftsraum mit Bücherregal oder Fernsehgerät. Die Besucher können eine Sozialberatung in Anspruch zu nehmen oder einen Arzt kontaktieren. Als direkter Ansprechpartner vor Ort fungiert ein städtischer Mitarbeiter, der auch ein Stück weit Sozialarbeit leistet.

Wer die Wärmestube nutzen möchte, muss sich vorher beim städtischen Ordnungsamt melden, wo die Personalien des Betreffenden aufgenommen werden. In Notfällen wie einem unvorhersehbaren Kälteeinbruch am Abend entfällt dieses Prozedere. Dann bietet die Stadt Kempen selbstverständlich sofortige unbürokratische Hilfe an. "Niemand sollte die Augen verschließen, wenn er einen obdachlosen Menschen entdeckt, der Hilfe benötigt. Man kann das Ordnungsamt, die Polizei oder uns vom SKM informieren. Alle angesprochenen Gruppen kümmern sich weiter", sagt Helene Könnes.

Der Katholische Verein für soziale Dienste (SKM), Kirchstraße 1 in Kempen, ist unter Telefon: 02152 4745 zu erreichen.

(tref)
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