Gemeinde Grefrath Wandern, Laufen und Marschieren

Gemeinde Grefrath · "Ge(h)schichten" heißt die neue Ausstellung, die am kommenden Sonntag, 5. März, im Freilichtmuseum Dorenburg eröffnet wird. Zu sehen ist eine Kulturgeschichte der Fortbewegung.

 Soldatenstiefel aus vergangenen Tagen.

Soldatenstiefel aus vergangenen Tagen.

Foto: heiner deckers

Gehen ist so normal, dass man überhaupt nicht darüber nachdenkt. Gehen bedeutet Fortbewegung. Oder steckt vielleicht doch mehr dahinter? Dieser Frage geht die neue Ausstellung im Freilichtmuseum Dorenburg nach, die am Sonntag eröffnet wird. Sie heißt "Ge(h)schichten" und zeigt Exponate über das Wandern, Laufen und Marschieren. "Wir zeigen die Besonderheiten unterschiedlicher Spielarten des Gehens anhand konkreter Beispiele vom Niederrhein", sagte gestern Ingo Schabrich, Kreisdirektor und Kulturdezernent.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Gehen die wichtigste Art war, sich zu bewegen. Unsere Vorfahren erschlossen sich zu Fuß neue Lebensräume, besorgten sich Lebensmittel und transportierten sie. Diese Zeiten sind vorbei: "Heute ist das Gehen oft Werkzeug und Ausdruck kultureller Praktiken verschiedener Art", sagte Kevin Gröwig, stellvertretender Museumsleiter, der die Ausstellung vorbereitet hat.

 Kevin Gröwig (l.) und Ingo Schabrich präsentierten gestern Einzelheiten der neuen Ausstellung "Ge(h)schichten".

Kevin Gröwig (l.) und Ingo Schabrich präsentierten gestern Einzelheiten der neuen Ausstellung "Ge(h)schichten".

Foto: wolfgang kaiser

Der Ortswechsel steht nicht mehr im Mittelpunkt. Von Gehen ist vielfach nicht mehr die Rede. Der Demonstrant marschiert, der Gläubige pilgert, der Sportliche wandert. Gehen dient einem bestimmten Ziel: Der Leichtathlet ist nicht motiviert, weil er an einen bestimmten Ort gelangen möchte, sondern weil er dieses Ziel in möglichst schneller Zeit erreichen will. Bestandteil der Ausstellung sind die niederrheinischen Athleten Hubert Houben und Maria Sander. Beide gewannen Olympische Medaillen: Houben 1928 in Amsterdam, Sander 1952 in Helsinki. Sanders Medaillen sind in einer Vitrine zu sehen.

Auf zwei Beinen waren 1977 am Niederrhein auch diejenigen unterwegs, die gegen Bau des Schnellen Brüters in Kalkar demonstriert haben. Per Knopfdruck kann man sich Originallieder anhören, die damals erklangen. Da heißt es unter anderem: "Der Schnelle Brüter wird gebaut, der den Niederrhein versaut." Die Ausstellung erinnert auch an die zahlreichen Soldaten, die im Laufe der vergangenen Jahrhunderte unter verschiedenen Flaggen am Niederrhein marschierend unterwegs waren. Der Anblick ihres Schuhwerks lässt darauf schließen, wie unbequem das gewesen sein muss. Bei der Walz machten sich Handwerksgesellen auf den Weg, versehen mit festen Schuhen. Besinnlicher geht es bei den Pilgern zu. Ziel ist oft Kevelaer. In der Ausstellung sind historische Gehhilfen zu sehen, die ein Pilger nach seiner Heilung in der Kerzenkapelle zurückgelassen hat.

In der Dorenburg kann man auch sehen, wie Schuhe und Klompen hergestellt werden. Dazu zeigt ein Blick auf den Klompenball in Neukirchen-Vluyn, dass der Holzschuh nicht bloß ein Gebrauchsgegenstand zum Gehen ist, sondern auch ein Ausdruck von Tradition und Brauchtum. Lederne Schuhe wurden am Niederrhein lang vor allen in Kleve angefertigt. Besonders bekannt ist der "Elefantenschuh" für Kinder. Gründer Gustav Hoffmann produzierte als erster Kindermodelle, die sowohl an die Anatomie des linken und an die des rechten Fußes angepasst wurden. Vorher gab es nur ein Einheitsmodell.

Gehen kann man auch, wenn man ein Bein verliert. Die Ausstellung zeigt eine moderne Prothese mit mikroprozessorgesteuertem Kniegelenk und Carbonfederfuß.

(RP)
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