Kempen Was Deutsche und Niederländer trennt

Kempen · Ragdy van der Hoek hat das zweisprachige Buch "Über die Grenze" veröffentlicht. Darin geht es um den Einfluss der Grenze auf die Menschen im Raum um Venlo, Straelen und Nettetal. Die erste Auflage ist schon fast ausverkauft

Ragdy van der Hoek ist überwältigt. Sein 29. Buch, so der Niederländer, sei das erste, das sich nicht nur mit seinem eigenen Land befasse. "Und die erste Auflage mit 1300 Exemplaren ist beinahe ausverkauft", freut sich der Mann aus Venlo. "Über die Grenze - over de grens" heißt das zweisprachige Werk, das erst seit wenigen Tagen in den Buchläden liegt und sich mit dem Verhältnis zwischen den deutschen und niederländischen Nachbarn beschäftigt.

Eigentlich wollte der Historiker vor drei Jahren nur einen Artikel über dieses Thema schreiben. "Doch das ist dann zu einem dicken Buch geworden", stellt van der Hoek fest. Herausgekommen ist ein 1,6 Kilogramm schwerer Schmöker mit 256 Seiten und 250 Bildern. "Ohne viele ehrenamtliche Helfer hätte ich das nicht geschafft", merkt der 61-Jährige dankbar an. In Straelen beispielsweise unterstützten ihn Stadtarchivarin Claudia Kurfürst, deren Vorgänger Bernhard Keuck und Architekt Michael van Ooyen.

Von östlich und westlich des, jetzt imaginären, Schlagbaums wird beleuchtet, welchen Einfluss die Landesgrenze in den vergangenen 200 Jahren auf die Menschen in der Region um Venlo, Straelen und Nettetal hatte und hat. "Dadurch, dass wir das gemeinsam angegangen sind und die Themen diskutiert haben, entsteht ein besseres Bild", ist der Autor überzeugt. Es sei, als würde man mit einem Heißluftballon über der Grenze aufsteigen.

Und dabei sieht man unter anderem, dass es auch nach dem Wegfall der politischen Grenze Unterschiede gibt. Beim Hausbau beispielsweise. Man erfährt, dass die Deutschen sich gerne eine Currywurst gönnen, während die Niederländer auf Bitterballen schwören. Oder man wird mit unterschiedlichen Feierkulturen konfrontiert: Was dem einen sein Sinterklaas, ist dem anderen sein Weihnachtsmann. Beim Siezen und Duzen gelten jeweils andere Regeln. Oder auch beim Arbeitsethos, wo van der Hoek den größten Unterschied in der Hierarchie sieht. Und: "In den Niederlanden fangen wir mal an und sehen, wie es geht. In Deutschland macht man erst einen Plan und hält sich auch dran." Die größere Flexibilität im westlichen Nachbarland begründet der Venloer mit der langen Tradition als Kauffahrernation.

Manches, was viele vergessen haben dürften, ruft "Über die Grenze - over de grens" wieder wach. Etwa, dass es vor dem Ersten Weltkrieg in Venlo mit 1500 Angehörigen eine große deutsche Kolonie gab. Etwa, dass sehr viele Vertriebene aus dem Osten nach dem Zweiten Weltkrieg am Niederrhein eine neue Heimat fanden.

Über die große Resonanz auf das Buch ist van der Hoek überrascht. Außer bei den Kommunen habe vor allem bei Unternehmen dies- und jenseits der Grenze rege Nachfrage geherrscht. So landeten letztlich nur noch wenige Exemplare in den sechs ausgewählten Buchhandlungen der Region.

"Doch wenn Interesse da ist, könnte man über eine zweite Auflage nachdenken", sinniert der Historiker aus Venlo. Entsprechende Meldungen nimmt van der Hoek gerne entgegen per E-Mail an seine Adresse in den Niederlanden: hoekteksten@home.nl.

(RP)
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