Gemeinde Grefrath Was die Gans mit St. Martin zu tun hat

Gemeinde Grefrath · Rund um die Bräuche zu St. Martin drehte sich jetzt alles im Niederrheinischen Freilichtmuseum. Unter dem Titel "Ich geh mit meiner Laterne" lud das Museum in Grefrath zur Mitmachaktion für die ganze Familie ein.

 Anika von der Weydt (links) erzählte den Teilnehmern der Familien-Mitmachaktion im Grefrather Freilichtmuseum die alten Bräuche rund um das Martinsfest.

Anika von der Weydt (links) erzählte den Teilnehmern der Familien-Mitmachaktion im Grefrather Freilichtmuseum die alten Bräuche rund um das Martinsfest.

Foto: Wolfgang Kaiser

"Kennt ihr den Mann auf dem Bild?" Die Frage von Anika von der Weydt löst in der zwölfköpfigen Kinderschar ein eifriges Nicken aus. "Das ist der St. Martin auf seinem Pferd, wie er den Mantel teilt und ihn dem Bettler gibt", kommt prompt die Antwort zu dem Foto eines Kirchenfensters, das Anika von der Weydt in der Hand hält. Die Geschichte von St. Martin ist bekannt, aber dass es sich bei dem heiligen Mann um den Sohn eines römischen Offiziers gehandelt hat, der 316 oder 317 in Ungarn geboren wurde, mit 15 Jahren in die römische Armee eintrat und kurze Zeit später Offizier der kaiserlichen Leibgarde wurde, ist nicht nur den jungen Zuhörern neu, sondern auch manchem Erwachsenen.

Auf dem Gelände des Niederrheinischen Freilichtmuseums in Grefrath erzählt die Lehramtsstudentin der Fächer Englisch und Geschichte, Anika von der Weydt, aber noch viel mehr aus dem Leben des Heiligen. So war es im Jahr 334, als der Offizier den Mantel vor den Toren einer großen Stadt teilte. Eine Tat, für die er eine Arreststrafe erhielt, denn "der Mantel war Militäreigentum, das St. Martin beschädigt hatte", berichtet Anika von der Weydt. Nach der guten Tat hatte der Offizier einen Traum, der ihn dazu bewegte, Priester zu werden. "Er sollte dann später Bischof werden, etwas dass er zunächst gar nicht wollte und sich daher im Gänsestall versteckte, aber die schnatternden Gänse verrieten ihn", lässt die 24-Jährige die Zuhörer an der historischen Geschichte teilhaben. "Das habe ich gar nicht gewusst", meint die sechsjährige Finja. Und auch die vier Jahre ältere Mia kennt die Gänse-Geschichte nicht. Dass Gänse neugierig sind und auch schnattern, erlebt die Besuchergruppe ein Stück weiter. Hinter der Schmiede watscheln nämlich fünf Museumsgänse über die Wiese. Sie kommen vorwitzig an den Zaun.

Dass früher mit dem 11. November eine sechswöchige Fastenzeit bis zum Weihnachtsfest eingeläutet wurde und es am Abend davor noch ein Festessen gab, löst den Aufruf "mit Martinsgans" aus. In der Gruppe wird gelacht. Kurz darauf ist ein allgemeines "Ihh" zu hören, denn van der Weydt hat von dem Brauch berichtet, einen linken Gänsefuß an die Haustür zu nageln. Das sollte früher helfen, das Haus vor einem Brand zu bewahren.

Es geht weiter zur Dorenburg. Die Studentin erzählt vom Heischen, das die Kinder allesamt kennen, denn es geht ums von Haus zu Haus Ziehen mit der Laterne und das Singen für die guten Gaben. Die Frage, ob alle Lust haben, gemeinsam das bekannteste Martinslied zu singen, wird mit einem lauten "Ja" beantwortet. Sekunden später ertönt das "St. Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross, das trug ihn fort geschwind" über den Hof der Dorenburg. "Ihr habt aber schön gesunden", tönt es vom Eingangsbereich der Burg her. Museumsmitarbeiter Frank Scheler tritt mit einem Korb voller Süßigkeiten aus der Tür. Jeder fleißige Sänger darf zugreifen. Als Zugabe gibt es noch das Laternenlied und es geht weiter zum Backhaus.

Dort packt van den Weydt den Buckmann aus. Dass die Pfeife, die das Weckmännchen trägt, eigentlich einen Bischofsstab darstellt und der süße Mann an sich einen Bischof symbolisieren soll, gehört zu den nächsten, kindgerecht verpackten Informationen. Herzliche Lacher sind zu hören, als van den Weydt von der Tradition des Kuchenstehlens berichtet, bei denen Buchweizenkuchen zu St. Martin am offenen Fenster standen, um von den Kindern gemopst zu werden. Wer sich erwischen ließ, wurde ausgelacht. "Allerdings waren da manchmal auch Lappen oder Asche eingebacken", verrät die Studentin.

Dann aber kommt das Schönste der ganzen Tour: Es geht nämlich ans Schnitzen der Steckrüben. In der Scheune liegen schon die Rüben und das dazugehörige Werkzeug für die jungen Besucher bereit. "Kürbisse haben wir schon ausgehöhlt und Sachen reingeschnitzt, aber Rüben noch nie", erzählen die achtjährige Anna-Lena und der vierjährige Niklas. Schade nur, dass ihr Martinszug schon vorbei ist, findet Leni. Aber ihre selbst gebastelte Eule sei auch eine tolle Laterne gewesen, sagt die Siebenjährige.

(tref)
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