Stadt Kempen Wenn die Schwester der großen Knef erzählt

Stadt Kempen · Der Kabarettist und Schauspieler Ulrich Michael Heissig gastierte als Kunstfigur Irmgard Knef im Forum in St. Hubert.

 Ulrich Michael Heissig alias Irmgard Knef: Der Kabarettist brachte mit seiner Kunstfigur auch das Publikum in St. Hubert zum Lachen.

Ulrich Michael Heissig alias Irmgard Knef: Der Kabarettist brachte mit seiner Kunstfigur auch das Publikum in St. Hubert zum Lachen.

Foto: WOLFGANG Kaiser

Musik hilft immer wieder durch das Leben. "Ein Lied kann eine Krücke sein!" Das weiß auch Irmgard Knef. Nein, das ist kein Fehler beim Vornamen. Denn Irmgard ist die 15 Minuten jüngere Zwillingsschwester von Hildegard Knef. Und nicht nur jünger, sondern im Gegensatz zu ihrer Schwester eher ein klein wenig auf der Schattenseite des Lebens zu Hause. Der Kabarettist und Schauspieler Ulrich Michael Heissig hat hier eine wundervolle Kunstfigur geschaffen, die am Montag- und Dienstagabend um derart wortgewaltig um sich schoss, dass es eine wahre Freude für das Publikum im fast voll besetzten St. Huberter Forum war. Bereits 2008 war er dort zu Gast. Inzwischen ist Irmgard älter als 90 Jahre. Aber das ist kein Grund, leise zu sein. Im Gegenteil: Kann Irmgard Knef doch aus ihrem langen Leben über vielerlei Themen berichten.

Die Liebe, das Leben, aber auch die Politik bestimmen das Programm. "Mit 90 Jahren ist das Leben nicht vorbei", sagt Irmgard. Mit scharfzüngigen Worten und bekannten Chansons ihrer Schwester sowie anderen Sängern zeigt sie ihren weisen Blick auf die Welt. Wobei sie die Melodien mit neuen Texten belegt. "Komm Kindchen, fahr ab!" und schon erklingt dann die bekannte Melodie im neuen Gewand. "Sie hören neue Weisen in alten Schläuchen", hatte sie das Publikum gleich zu Beginn vorgewarnt. Gekleidet im langem Mantel, mit der obligatorischen Sonnenbrille tingelt Ulrich Michael Heissig alias Irmgard Knef so durch das Altersleben. Sie gebe ihren vorgezogenen Nachlass damit ab, sagte sie. Ein klein wenig tattrig steht sie da auf der Bühne und versprüht dann doch ihr Feuerwerk. "Wenn ich mir was wünschen könnte" hat ihre Schwester gesungen. Ja, Irmgard hat auch Wünsche. Unter anderem möchte sie Trump auf den Mond schießen oder Putin einmal richtig verprügeln. Helene Fischers Liedgut kommt aus den diversen Discountern, die jeder so kennt, aber von Knef in ungeahnter Weise in Sprachspielereien verpackt werden.

Für Irmgard hat es nicht bis an den Broadway gereicht. Während ihre Schwester in New York in Seidenstrümpfen im Musical "Seidenstrümpfe" spielte, habe sie am Off-Off-Off-Broadway dieselben als Go-go-Girl an der Stange ausgezogen, erzählt sie. Auch im Alter ist ihr noch die Liebe wichtig. Schließlich gibt es einen Tanzkursus für über Neunzigjährige mit vielen Damen und einem umschwärmten älteren Herrn, der von Dame zu Dame zieht. Irmgard Knef ergattert ihn schließlich - allerdings mit tragischem Ausgang. Denn er stirbt ausgerechnet in ihren Armen beim Tango-Tanzen. Dabei war es doch ein Minimal-Tango, wie sie sagt. Herrlich, wie sie dies erzählt.

Sie feiert auch ihren 90. Geburtstag. Dies in Anspielung auf den bekannten Silvestersketch. Ihre Gäste sind Willi Brandt, Luis Trenker, Peter Scholl-Latour und Rudi Carell. Da diese aus verständlichen Gründen nicht anwesend sein können und sie auch keinen Butler hat, spricht sie alle Rollen selbst. Da können sich die Besucher kaum halten vor Lachen. Man merkt richtig, wir diese Knef im Laufe ihres Programms so richtig in Fahrt kommt. Und zum Schluss kann sie es nicht lassen: Es gibt eine ganz neue Fassung von "Für mich soll's rote Rosen regnen". Bei ihr fängt es mit gelben Nelken an und endet mit schwarzen Tulpen. So wird aus dem Lied ein bitter-ironischer Abgesang. Das Publikum dankte mit großem Applaus und wird diese Knef wohl auch gerne noch mit 100 sehen wollen.

(sr)
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