Stadt Kempen Wenn es in der Familie einmal zwackt

Stadt Kempen · Auch im vergangenen Jahr hatte die Katholische Beratungsstelle eine Menge zu tun. Das geht aus dem Bericht hervor, den der neue Leiter Achim Wolters jetzt vorlegte. Darin geht es unter anderem um psychisch kranke Eltern.

 Sie gehören zum Team der Beratungsstelle (v.l.): Julia Paschke, Achim Wolters und Anne Hüskes.

Sie gehören zum Team der Beratungsstelle (v.l.): Julia Paschke, Achim Wolters und Anne Hüskes.

Foto: wk

Die Katholische Beratungsstelle der Caritas ist weiterhin stark frequentiert. 290 Fälle waren im Jahr 2015 zu bewältigen, 170 Neuaufnahmen und 120 Übernahmen aus dem Jahr 2014. Das steht im Jahresbericht, den erstmals Achim Wolters vorlegte. Der Sozialpädagoge löste im Juli vergangenen Jahres Renate Philippen ab, die die Beratungsstelle mehr als zwei Jahrzehnte geleitet hat. Wolters kennt sich ebenfalls bestens aus, denn er gehört bereits seit 2005 zum Team.

In den vergangenen Jahren haben sich die Mitarbeiter vor allem im Bereich Trennung und Scheidung qualifiziert und bieten angesichts der oft schlimmen Auswirkungen auf die Kinder gesonderte Kurse an (siehe Artikel unten).

Weiterhin ein Thema sind Kinder, die ein besonders heftiges Problemverhalten an den Tag legen. Dieser Herausforderung sind viele Eltern nicht gewachsen. In einigen Familien ist der "Kampf im Kinderzimmer" Dauerzustand. Auch hier will die Beratungsstelle neue Angebote machen - im Sinne der Eltern-Kind-Beziehung. Der Ist-Zustand: Eltern fühlen sich in solchen Fällen oft ihren Kindern ausgeliefert, haben keinerlei Einfluss mehr auf sie. Psychologin Julia Paschke nennt das Ziel: "Wenn Eltern angemessen auf die Bedürfnisse ihrer Kinder reagieren können und dabei auch die notwendige Flexibilität zeigen, ist das eine stabilisierende Erfahrung für beide Seiten." Das führe zu einer Verbesserung der emotionalen Beziehungen: "Beide Seiten vertrauen darauf, Konflikte miteinander gut lösen zu können."

Seit Jahren im Vormarsch sind psychische Erkrankungen. Kinder, deren Vater oder Mutter betroffen sind, haben es sehr schwer. Sie sind schwer belastetet, müssen zu viel Verantwortung für ihr Alter übernehmen, dürfen und können vielfach keine Kinder mehr sein. Für sie gibt es das bereits bewährte "Projekt Baumhaus". Betroffene Kinder können sich in der Gruppe austauschen und erkennen, dass sie mit ihrem Problem keineswegs allein sind. Das "Baumhaus" ist eine Art Schutzzone, in der man unter sich ist. "Unser Anliegen ist vor allem, die Auswirkungen der Erkrankung innerhalb der Familie besprechbar zu machen", erklärt Familientherapeutin Birgitta Hansel. Die Kinder sollen die Schuld auf gar keinen Fall bei sich selber suchen.

Auch Krankheit und Trauer gehören zum Leben vor Familien, und damit auch von Kindern. Gerade für sie sind schmerzliche Verluste geliebter Menschen eine große Herausforderung, bei deren Bewältigung sie professionelle Hilfe brauchen. "Kinder trauern anders als Erwachsene", weiß Sozialpädagogin Anne Hüskes. Kindliche Trauer sei oft sprunghaft und werde von Erwachsenen nicht immer richtig verstanden. Es könne Wochen oder Monate dauern, bis Kinder in der Lage sind, Gefühle zuzulassen. Die Beratungsstelle unterstützt Kinder bei ihrer Trauerbewältigung.

In einem Vorwort zum Jahresbericht äußert sich auch Caritasdirektor Burkard Schröders. Er weist darauf hin, dass die meisten Familien mit ihrer Wohnsituation eigentlich ganz zufrieden seien. Vielfach höre man die Äußerung, ein bisschen mehr Geld sei nicht schlecht. Aber vor allem mangele es an der Ressource, die sich am wenigsten ausdehnen lässt - an Zeit, die berechtigten Anliegen der Kinder sowie der Erwachsenen mit ihren Pflichten und Interessen unter einen Hut zu bringen: "Hier hilft Beratung, wesentliche Aufgaben, Verantwortungen und Erfüllungsmöglichkeiten zu erkennen und anzuerkennen."

(RP)
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