Stadt Kempen Wie der Zeichner den Niederrhein sieht

Stadt Kempen · Rolf Escher zeichnete zwei Tage im Kempener Kramer-Museum. In seiner Zeichenmappe befinden sich Motive vom gesamten Niederrhein. Er lässt vieles weg und konzentriert sich auf die Wirklichkeit.

 Rolf Escher sieht Zeichnen als Herausforderung an, der er sich aber gern stellt.

Rolf Escher sieht Zeichnen als Herausforderung an, der er sich aber gern stellt.

Foto: achim hüskes

Zwei Tage lang war der berühmte Grafiker Rolf Escher zu Gast in Kempen und zeichnete vor Ort im Kramer-Museum vor dem Thomas-Porträt. Entstanden sind Zeichnungen, die im nächsten Jahr zum Stadtjubiläum 775 Jahre Wesel in einem Katalog abgedruckt werden sollen. Mit der Ausstellung "Das gastfreundliche Wesel" will das Preußen-Museum in Wesel die Phase der Stadtgeschichte nach 1540 beleuchten. Wesel galt damals als protestantisch und wurde so Anziehungspunkt für viele Glaubensflüchtlinge aus den habsburgischen Niederlanden, die sogenannten Geusen. Rolf Escher bereist jetzt den Niederrhein und die angrenzenden Niederlande, um die damalige Stimmung einzufangen, und die war vor allem katholisch geprägt.

Im Städtischen Kramer-Museum hat Escher vor einem Porträt von Thomas von Kempen gezeichnet, nach dem Gemälde, das den Mönch draußen in der Natur zeigt, wie er ein Buch liest. Seiner Zeichnung nach dem Gemälde hat Escher das Thomas-Wort hinzugefügt: "In allem habe ich Ruhe gesucht und nicht gefunden, außer in einem Winkel mit einem Buch." Außerdem zeichnete Escher noch ein spätgotisches Reliquiengefäß, das ein Knochenteil von Thomas enthalten soll. Dieses Gefäß ist ebenfalls in der aktuellen Ausstellung "Das Haar der Maria" zu finden. Dieses Exponat ist um so erstaunlicher, als Thomas von Kempen nie selig oder heiliggesprochen wurde. In seiner Zeichenmappe befinden sich Motive vom gesamten Niederrhein: aus Kleve, Kalkar, Emmerich und Wesel. In den nächsten Tagen wird Escher den Emmericher Judenfriedhof besuchen. Er hat die Ablassurkunde aus dem Stiftsmuseum in Xanten gezeichnet, Details aus mehreren Chorgestühlen, darunter auch ein Äffchen, eine Vielzahl von Heiligen und Adligen. So entsteht nach und nach eine kulturelle Biografie des Niederrheins. Rolf Escher versteht sich dabei nicht einfach als ein Illustrator. Beim Zeichnen lasse er vieles weg, was die Wirklichkeit konzentriere. Durch sein Zeichnen werde die Wirklichkeit subjektiv gespiegelt. Diese Aufgabe sei eine Herausforderung, aber er gehe sie gerne an, weil er seinem eigenen Interesse folgen könne.

Rolf Escher, 1936 in Hagen geboren, studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und an der Kölner Universität. 1968 richtete er sich in Essen eine Radierwerkstatt ein. Seine Werke, die oft in Zyklen oder Serien entstanden, wurden zahlreich ausgestellt. 1976 erhielt er eine Professur an der Kunstakademie Münster. Zuletzt widmete er sich 2014 in 80 Zeichnungen den Schätzen des Kölner Stadtarchivs, die durch den Einsturz des Gebäudes erneut bedroht waren.

(RP)
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