Kreis Viersen Wo sind alle Blumen hin?

Kreis Viersen · Spaziergänger vermissen vielerorts die blühenden Randstreifen entlang der Felder. Was Landwirte früher freiwillig machten, unterliegt seit Anfang des Jahres EU-Bestimmungen. Viele Landwirte säen nun keine Blumen mehr aus.

 Viele Landwirte legten bislang Blühstreifen entlang der Felder an. An prächtigen Mohnblüten, Kornblumen und Kamille erfreuen sich Spaziergänger. Doch Landwirte, die nun Blühstreifen anlegen möchten, stehen durch die EU-Agrarreform nun vor einem hohen bürokratischen Aufwand.

Viele Landwirte legten bislang Blühstreifen entlang der Felder an. An prächtigen Mohnblüten, Kornblumen und Kamille erfreuen sich Spaziergänger. Doch Landwirte, die nun Blühstreifen anlegen möchten, stehen durch die EU-Agrarreform nun vor einem hohen bürokratischen Aufwand.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Die EU-Agrarreform bringt für viele Landwirte einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich. Ein Bestandteil der EU-Agrarreform ist das sogenannte Greening, welches seit Anfang des Jahres umgesetzt werden muss. Dabei geht es um Anbaudiversifizierung, den Erhalt von Dauergrünland und ökologischen Vorrangflächen. Durch diese Maßnahmen wird die Flächennutzung durch Landwirte im ökologischen Sinne geregelt. Die Bodenqualität kann verbessert, der Einsatz von Düngemittel dadurch reduziert werden. Außerdem fallen die Bestimmungen auch unter die Rubrik Klimaschutz. Wildpflanzen, Wildtieren und Bienen kommt Greening ebenfalls zugute. Auch Spaziergänger erfreuen sich an blühenden Pflanzen am Ackerrand, ein Teil der Umsetzungsmöglichkeiten. Greening müssen bis auf Öko-Betriebe und Kleinerzeuger alle Landwirte betreiben, um Direktzahlungen aus den EU-Mitteln zu erhalten.

Die finanziellen Unterstützungen, die die Landwirte erhalten, splitten sich in eine Basisprämie und unter anderem eine zusätzliche Prämie für die Greening-Maßnahmen. Diese zusätzliche Prämie allein beträgt dieses Jahr knapp 90 Euro pro Hektar. Allerdings: Wer sich nicht an die Greening-Vorgaben hält, verliert auch die Basisprämie. Und diese Vorgaben sind alles andere als leicht zu verstehen oder umzusetzen. Mindestens fünf Prozent solcher ökologischer Vorrangflächen (ÖVF) müssen die Landwirte auf ihrer Ackerfläche bereitstellen.

Dabei gibt es verschiedene Optionen - von brachliegenden Flächen, dem Anbau von Zwischenfrüchten oder Leguminosen bis hin zur Gestaltung der Feldrandstreifen oder der Pflanzung von Hecken zwischen den Feldern. Leguminosen sind Hülsenfrüchte, die den Stickstoffgehalt der Felder verbessern können. Dazu gehören beispielsweise Lupinen; der Anbau wird als Gründüngung bezeichnet.

Welche Maßnahmen der Landwirt durchführt, wird ihm überlassen. Die einzelnen Möglichkeiten werden anhand ihrer ökologischen Bedeutung mit Punkten bewertet, sind jedoch auch unterschiedlich aufwendig. Hecken oder Gehölze haben eine Wertigkeit von zwei Punkten, Zwischenfruchtanbau lediglich von 0,3 Punkten. Es gibt Listen, welche Früchte oder Gräser wann wo angebaut werden dürfen. Und nachgemessen wird exakt, ob im Verhältnis zur Gesamtfläche der Landwirte auch alle Vorgaben erfüllt werden.

Paul-Christian Küskens, Kreisvorsitzender der Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen berichtet, wie die Reform sich für die Landwirte auswirkt. "Die meisten Landwirte im Kreis haben Flächen über 30 Hektar", sagt Küskens. "Einige haben Blühstreifen angelegt." Gerne wird dies am Rand einer Maisparzelle gemacht. Das Problem bei Blühstreifen ist aber, dass es für Blühpflanzen besser wäre, wenn sie im Mai ausgesät werden. Allerdings soll der Blühstreifen, so Küskens, gemäß der Verordnung schon im März ausgesät werden.

"Die Flächen werden auf den Quadratmeter genau ausgemessen, und genauso muss auch gesät werden, das wird exakt geprüft", erklärt Küskens. Dazu kann ein Prüfer mit einem GPS-Gerät um das Feld herumgehen. "Einige Landwirte haben von sich aus immer schon einen Blühstreifen angelegt, weil es nett und auflockernd wirkt. Das wurde dann einfach als Mais mit angegeben und war gut so. Jetzt ist der damit verbundene bürokratische Aufwand schon recht groß", berichtet Küskens.

Will ein Bauer ein Feld mit einer Zwischenfrucht bestellen, müssen dazu zwei Sorten gemischt werden. Klee, Senf, Gras oder Luzerne kommen da in Frage. "Aber das Kornverhältnis muss stimmen", macht Landwirt Küskens aufmerksam. Die Zwischenfrucht muss bis Mitte Februar stehen bleiben. Wie danach mit dem Feld umgegangen wird, dazu gibt es weitere Vorgaben. Die Landwirte dürfen mulchen, wollen aber natürlich verhindern, dass Samen der Pflanzen in der folgenden Frucht im Feld wieder neu auswachsen.

Ob nun mit einem Blühstreifen versehen oder bis zum Rand bewirtschaftet: Die Randstreifen - die sogenannte Bankette - entwickeln sich zum Reizthema. "Die Grenzsteine sind maßgeblich. Der Bauer darf bis zur Grenze pflügen. Dann beginnt der Gemeindegrund. Es gibt Landwirte, die haben da ein Problem mit", bestätigt Küskens und erklärt, dass ein ordnungsgemäßer Zustand des Weges wichtig ist. "Der Rand muss abgeschält werden, damit Wasser ablaufen kann und der Weg nicht beschädigt wird, indem sich Wasser darunter setzt." Die Kommunen hätten teilweise wenig an den Wegen getan, die Banketten würden darunter leiden. Küskens beschreibt auch, dass es für die Landwirte mit großem Gerät nicht immer leicht ist, sich exakt an den Grenzstreifen heranzutasten.

Die Kreisbauernschaft berät bei allen Neuerungen, Verständnisfragen oder Problemen die Landwirte. Die Landwirtschaftskammer und der Verband informieren regelmäßig über diverse Medien, helfen bei der Antragsstellung und sind auch bei der regelmäßigen Winterversammlung der Kreisbauernschaft vertreten. "Es ist eine Herausforderung, wie man mit dem Thema Greening umgeht. Aber nach dem ersten Jahr wird man mehr wissen", ist sich Küskens sicher.

(RP)
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