Stadt Kempen Zu wenig Regen - Ernteeinbußen drohen

Stadt Kempen · Alarmstimmung bei den Landwirten in der Region: Von Anfang April bis Mitte Juni betrug die Niederschlagsmenge nur etwa 61 Liter pro Quadratmeter, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 228 Liter.

 Der Kempener Landwirt Johannes Birmes prüft seine Kartoffelpflanzen. Er bewässert seine 20 Hektar Flächen derzeit rund um die Uhr. 35 Kubikmeter Wasser laufen pro Stunde durch die Leitungen.

Der Kempener Landwirt Johannes Birmes prüft seine Kartoffelpflanzen. Er bewässert seine 20 Hektar Flächen derzeit rund um die Uhr. 35 Kubikmeter Wasser laufen pro Stunde durch die Leitungen.

Foto: Hüskes, Achim (achu)

"Uns fehlt für die Kulturen das Wasser, so wenig wie bisher hat es den vergangenen zehn Jahren nicht gegeben", sagt der Pflanzenbau-Berater der Landwirtschaftskammer, Josef Hamm. Um dies zu verdeutlichen: Von Anfang April bis Mitte Juni habe in der Großregion Düsseldorf die Niederschlagsmenge nur etwa 61 Liter pro Quadratmeter betragen, im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 228. Einzelne Gewitter seien bislang überhaupt nicht nachhaltig gewesen.

Hamm spricht von einem hohen Kostenfaktor, die die Landwirte bei der Bewässerung ihrer Flächen jetzt aufbringen müssten. Und vor allem seien diejenigen Landwirte vor große Probleme gestellt, die ihre Anbauflächen, dies seien im Kreis Viersen noch immer bis zu zwanzig Prozent, wegen des tiefen Grundwasserstandes nicht aus Brunnen bewässern können. Der Experte schließt nicht aus, dass beim Getreide, das nicht genügend Wasser bekommt, die Kornqualität erheblich leide, mit der Folge, dass dann die Körner viel kleiner seien und daher viel "Schmacht-Korn" geerntet werde. Zumal gerade jetzt die Kornfüllungsphase sei, also Wasser dringend benötigt werde.

Alles im Leben hat zwei Seiten, so ist auch das in der Landwirtschaft - etwa bei der Pilzbekämpfung. Bei der Kartoffel ist dies in erster Linie die Kraut- und Knollenfäule. "Die braucht eine hohe Luftfeuchtigkeit, um sich auszuweiten und die Feuchtigkeit haben wir natürlich derzeit nicht", sagt Hamm weiter. Vor allem beim Weizen ist es der "Gelbrost", der sich bereits im vergangenen Jahr bei dem viel zu milden Wetter und nahezu keinem Frost ausgedehnt und für erhebliche Schäden gesorgt habe. Allerdings haben sich viele Landwirte bei der Aussaat im Oktober 2014 darauf vorbereitet, waren der Sortenempfehlung der Landwirtschaftskammer gefolgt und hatten eine andere dagegen resistentere Saat genommen. Neben mehr Regen wünscht sich Hamm auch einmal einen "richtigen Winter", damit die Böden auch mal wieder so richtig durchfrostet werden. Dies hatte es zuletzt im Februar 2012 gegeben.

Probleme mit der Hitze und Schwüle hat nicht nur Christoph Tenhaef, der in Grefrath Vorsitzender der Ortsbauernschaft und Ortslandwirt ist. Er bewirtschaftet auf seinem Hof in Vinkrath Ackerböden, ist Viehzüchter und hat rund 140 Milchkühe. Tenhaef sagt: "Die Tiere haben bei der Schwüle genau wie wir Menschen Stress, futtern weniger, daher sinkt die Milchleistung." Durchschnittlich seien dies bei normalen Verhältnissen etwa 30 Liter am Tag, derzeit seien es nur 25 bis 27. Und für die Getreideflächen erhofft sich der Ortslandwirt, dass es bald regnet und nicht noch der Gelbrost weiteren Nährboden bekommt. Temperaturen zwischen 18 bis 20 Grad seien auch für seine Tiere optimal.

"Wir gießen aus vollen Rohren", sagt Theo Heyes, Willicher Ortslandwirt. Gerade seien zum dritten Mal in kurzen Abständen seine Frühkartoffeln dran. Auch auf seinen Weizenfeldern hat er die Möglichkeit, alles zu bewässern. Andere seiner Kollegen hätten Probleme, Heyes erklärt: "Ein Zeichen einer guten Bewässerung ist zum Beispiel beim Weizen, dass sich das für das Wachstum wichtige Fahnenblatt, das unter den Ähren liegt, nicht zusammenrollt." Und das sei auf einigen Feldern passiert. Heyes ist aber noch zuversichtlich, dass es bei den Ernten (sein Weizen ist ab 20. Juli dran, kurz davor sind die Frühkartoffeln an der Reihe) zu keinen größeren Qualitätseinbußen kommt. Der Pilzbefall halte sich derzeit in Grenzen, ergänzt Heyes.

Seit Jahrzehnten baut Hans-Leo Sieben auf seinem Kartoffelhof in Clörath, zwischen Willich und Tönisvorst gelegen, das Knollengewächs an, seine Anbaufläche beträgt rund 45 Hektar. Auch der 62-Jährige meint: "Wir leiden seit sieben bis acht Wochen unter einer extremen Trockenheit." Noch bis Anfang August erntet er mit seinem Sohn Andre die Frühkartoffeln. Wegen der Trockenheit und mangelnden Vegetation hatten die Beiden etwa zwei Wochen später als normal mit der ersten Ernte begonnen. Die Siebens nennen den hohen Aufwand und die Kosten der zusätzlichen Bewässerung, hoffen aber, so einigermaßen über die Runden zu kommen. Die Preise seien zwar derzeit etwas zurück gegangen, von Einbrüchen könne aber keine Rede sein. Mit dem Pilzbefall hat er derzeit kein Problem, zumal auch der zunehmende Wind dafür sorgt, dass die Bestände trocken bleiben und sich der die Feuchtigkeit liebende Pilz nicht ausbreiten kann.

(wsc)
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