Weeze Abschied nehmen von Bäckerei Willems

Weeze · Nach 105 Jahren ist Schluss mit dem Traditionsbetrieb. Elisabeth Behet geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Die Konditorin und Bäckermeisterin ist in Weeze fest verwurzelt. Im Februar gibt es eine Neueröffnung.

Im Hintergrund rattert die Brotschneidemaschine, während eine der Verkäuferinnen frische Brötchen in eine Tüte packt. "Wo kriege ich denn demnächst morgens meine frischen Brötchen her?", möchte die Kundin sorgenvoll wissen. In der Luft hängt der Duft von warmen Brötchen, Vielfalt und ein Hauch von Abschied.

Die Traditionsbäckerei und Konditorei Willems am Alten Markt 4 in Weeze schließt. "Die letzte backende Backstube in Weeze", sagt Elisabeth Behet. Sie ist diejenige, die noch jeden Morgen um 1.30 Uhr aufgestanden ist, damit die Weezer frische Brötchen haben. Im nächsten Jahr wird sie 65 Jahre alt. "Irgendwann muss man auch mal Ruhe haben", sagt die Kundin verständnisvoll. "Im Februar kommt ja ein Neuer", tröstet die Verkäuferin die Kundin. "Der Neue" ist Tobias Groß. "Ein Weezer", sagt Elisabeth Behet. Der 27-Jährige hatte in der Vergangenheit bereits ein Praktikum in der Weezer Bäckerei absolviert. Groß machte seine Ausbildung bei der Bäckerei Scholten in Uedem. "Ich bin zuversichtlich, was den jungen Bäckermeister angeht", sagt die Ur-Weezerin. Die Rezepte möchte Groß gerne von der erfahrenen Bäckerin und Konditorin übernehmen. "Das sind teils alte, teils selbst zusammengestellte", beschreibt es Elisabeth Behet. Eine ihrer Spezialitäten ist das Hausfrauenschwarzbrot mit Rübenkraut und Buttermilch im Teig. Aber auch der Bienenstich, die Käsebrötchen, die gemischten Körnerbrötchen oder der Pflaumenkuchen im Spätsommer.

"Im Sommer saßen die Gäste immer draußen, viele sind mit dem Fahrrad gekommen, dazu lecker Kaffee", lässt die 64-Jährige ihre Erinnerungen Revue passieren. Als der Alte Markt noch Ortszentrum war, seien viele vom Bahnhof an der Bäckerei vorbeigekommen und hätten Halt gemacht. Einmal hatten viele Spanier in ihrer Bäckerei Platz genommen. "Da musste ich mich dazu setzen. Die kannten so eine Auswahl gar nicht", sagt die Bäckermeisterin freudig.

Dabei war der berufliche Weg dorthin nicht leicht. Gelernt hat die Weezerin zunächst Konditorin. Als ihr Bruder Theo Willems viel zu früh starb, machte sie ihren Meister im Bäckerhandwerk. Damals war eine Frau dort eher selten zu finden. Es war schwere, körperliche Arbeit. "Heute wird vieles durch Maschinen erleichtert", erklärt die Weezerin. Mit Sorge sieht sie die Entwicklung, dass immer mehr alteingesessene Bäckereien und Metzgereien schließen. "Dort wurde das Handwerk noch von Grund auf gelernt. Das geht verloren. Irgendwann fehlen die richtigen Fachkräfte", sagt Elisabeth Behet und schaut auf die eigene, 105 Jahre alte Geschichte ihrer Familie zurück.

Gründer des Familienunternehmens waren Mathias Bosch und seine Frau Maria. Sie starteten 1912 mit einer Bäckerei und Kolonialwarenhandlung. Nachfolger wurde Paul Willems. Er machte 1948 seine Bäckermeisterprüfung und heiratete die Nichte der Familie Bosch, Maria Lennartz. Elisabeth Behet, eine geborene Willems, legte 1971 ihre Konditorgesellenprüfung ab und wurde 1995 Bäckermeisterin. Den Tag wird sie nie vergessen. Es war auch der Todestag ihres Vaters Paul. Dass sie die Abschlussprüfung mit Eins bestand, geschenkt. Die Trauer überwog in dem Moment.

Abschied nehmen, den Schritt muss sie nun selber machen, wenn es um ihr Berufsleben geht. Leicht fällt es ihr nicht. Dazu hat sie ihre Arbeit zu sehr geliebt, das Kreative bei der Tortengestaltung und der Kreation neuer Rezepte. "Ich habe sehr viel mit Dinkel gebacken, weil es mittlerweile viele Weizen-Allergiker gibt", nennt sie ein Beispiel. Das Ende ihres Berufslebens ist für die dreifache Mutter und Großmutter der Aufbruch in etwas völlig Neues. "Ich bin hier geboren, war schon als Kind in der Backstube. Es war mein Leben", sagt sie und schaut sich im hell erleuchteten Laden um. Brötchen und Brote wechseln den Besitzer. Viele Kunden kaufen auf Vorrat.

Morgen endet die Ära der Bäckerei-Konditorei Willems. Im Februar wird es die Eröffnung vom jungen Bäckermeister Tobias Groß geben. Ab Januar möchte er schon immer mittwochs auf dem Wochenmarkt Brot backen.

(RP)
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