Kevelaer Adventliches zwischen Mittelalter und Moderne

Kevelaer · Immer wieder lockt das ehemalige Klostergut Graefenthal die Menschen aus der Region zu einem Weihnachtsmarkt, der besonders ist: altertümlich, niederländisch und ein wenig so, wie man es erwartet.

 Kaum zu glauben, aber diese Werkzeuge an einem der Stände im Kreuzgang sind komplett aus Schokolade.

Kaum zu glauben, aber diese Werkzeuge an einem der Stände im Kreuzgang sind komplett aus Schokolade.

Foto: Gottfried Evers

Henk, Liesje und Joke hocken gemeinsam mit ihrem in eine Decke eingewickelten Kleinsthund auf einer hölzernen Bank dicht neben den Hirten, die die heilige Familie bestaunen: Weil Theo und Monika Erps dem Graefenthaler Weihnachtsmarkt große Krippenfiguren aus ihrer Sammlung zur Verfügung gestellt haben, kann das Team von Kloster Graefenthal eine nette Fotosituation anbieten: Besucher dürfen Statisten in der Bethlehem-Szenerie sein. Eine Reihe niederländischer und deutscher Gäste nahm diese Chance gerne wahr und lächelte aus der Krippe heraus in die Kamera.

Auf dem Graefenthaler Weihnachtsmarkt verschmelzen christliche, mittelalterliche und traditionelle Merkmale zu einem Gemisch, das attraktiv genug ist, um ein langes Wochenende die Besucher in Scharen anzuziehen. Das Wetter passte diesmal gut dazu: Kalt, aber trocken, abends etwas fußkalt, aber auszuhalten. Besonders in der Nähe einer der Feuerstellen, die die Organisatoren eingerichtet hatten.

Der Weg von der Toreinfahrt bis zu den früheren Stallungen und dem Kreuzgang ist am ehesten noch ein "normaler" Weihnachtsmarkt: Laubsägearbeiten, zu Fensterbildern und kleinen Pyramiden verarbeitet, sind zu haben, außerdem sonstige Schnitzereien, Kerzen, Schals, Stulpen und sonstige Textilien. Originell und im Umkreis so bisher nicht zu sehen: "Gebäck für der (!) Hund" und - noch ungewöhnlicher Vogel-Kuchen. Letzterer ist eine Zubereitung handelsüblicher Körner in Rindertalg, aber geformt wie Torten. Da fragt sich der Besucher einen Moment lang, ob das denn ethisch noch zu verantworten ist, aber da die üppig dekorierten Kuchenstücke kaum teurer sind als die klassischen Mandelknödel, kann das Angebot wohl als liebenswerte Spinnerei und niedliches Geschenk akzeptiert werden.

Ein hölzernes Pferd von beinahe trojanischen Ausmaßen dient als Wegweiser und verweist auf eine Weinprobe, auf Marshmallows, die über offenem Feuer gegrillt werden, auf Toiletten, die Gastro-Zone und das Mittelalter-Lager. Letzteres ist diesmal von eher bescheidenem Ausmaß, kommt aber gut an. Ein Gaukler, der zugleich Jongleur und Spaßmacher ist, foppt die Großen und die Kleinen, pustet Feuer und neidet scheinbar den Kindern ihre Leckereien. Ein paar Mittelalter-Darsteller zeigen, wie sie in einem großen Topf mit Krapp-Wurzeln und Zwiebelschalen Baumwollstoff schön orange färben. Trommeln und Schalmeien tauchen die Szenerie in passende Musik. Vom Weezer Tierpark wurden einigen Ziegen und ein Esel ausgeliehen. In stoischer Ruhe stehen sie im frischen Stroh und lassen sich geduldig von nicht nur kleinen Händen streicheln. Die Hühner daneben sind eingesperrt - wegen der "Vogelgriep", ist auf einem Schild zu lesen.

Statt Pommes und Würstchen finden Vollkorn-Fladen, Reibekuchen und Grünkohl guten Absatz, auch Pilze und Suppen kommen gut an. Der übliche Glühwein ist kaum zu finden, heißer Met und Glühbier sind die ausgefalleneren Varianten. Ein Leierkastenmann zieht seine Bahnen, taucht erstaunlich oft auf, wo man ihn gar nicht vermutet. Vermeintliche Eisenwaren aus leckerer Schokolade, diverse Textilien und allerlei Zierrat werden im Kreuzgang ausgestellt, im Kaminzimmer singt ein Frauenchor.

Der Rückweg zum Parkplatz führt durch neblige Wiesen entlang der Niers. Mancher beschließt, auch ohne Weihnachtsmarkt mal wieder auf einen Spaziergang vorbei zu kommen. Weil's so schön ist rund um das alte Kloster.

(RP)
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