Kevelaer Amok: Schulen wollen sich nicht abschotten

Kevelaer · Nach der jüngsten Blut-Tat in den USA, der auch 20 Kinder zum Opfer fielen, drängen sich Sicherheitsfragen auf. Kevelaers Schulleiter setzen auf Vorsorge und Jugendarbeit. Einsperren wollen sie sich nicht.

 Hausmeister Dieter van Besel beim Abschließen des Haupteingangs am Gymnasium. Eine automatische Sicherung gibt es nicht.

Hausmeister Dieter van Besel beim Abschließen des Haupteingangs am Gymnasium. Eine automatische Sicherung gibt es nicht.

Foto: gerhard Seybert

Das Entsetzen aller, die mit Schule zu tun haben, ist groß. Wieder einmal hat eine Amok-Tat zahlreiche Menschenleben gekostet — diesmal mussten im amerikanischen Newtown sogar Sechs- und Siebenjährige sterben. Neben Fassungslosigkeit und Mitgefühl beschäftigt Lehrer und viele andere Menschen hierzulande vor allem eine Frage: Wie sicher sind unsere Schulen? Welche Schutzmechanismen greifen im Ernstfall?

Wer schon mal in Schulen zu tun hat, weiß: In die meisten kann jeder einfach hinein spazieren. Schließsysteme, die es von außen nur Berechtigten ermöglichen, das Gebäude zu betreten, sind die Ausnahme. Die meisten finden die offenen Türen im Normalfall gut: Auch eine Minute nach dem Gong kann der Schüler die Schule noch betreten, Mütter können vergessene Butterbrote oder Turnbeutel nachliefern, Handwerker haben Zutritt. Nur: Weniger harmlosen Menschen wird der Zugang ebenso leicht gemacht.

Karl Hagedorn ist der Direktor des Kevelaerer Gymnasiums. Bei aller Wut und Trauer betont er, dass er die Sicherheit für sich und seine Schulgemeinde als relativ hoch einschätzt. Schon deshalb, weil in Deutschland — anders als in den USA — ja nicht massenhaft Schusswaffen im Umlauf seien. Und sich die Schulen intensiv um Prävention bemühten. "Wenn wir wissen, dass ein Jugendlicher Probleme hat, wenden wir uns an das Jugend- oder Sozialamt, damit dem Schüler geholfen wird. Ganz wichtig ist, kein Klima der Angst zu erzeugen. Wer möchte schon hinter verriegelten Türen lernen." Eine Schultür, die während des Unterrichts geschlossen ist, gibt es in Kevelaer zumindest an der St.-Antonius-Dependance Klinkenberg. Weil dort kein Hausmeister wacht.

Eine niederländische Partnerschule des Gymnasiums beschäftige einen Portier, der jeden Besucher kontrolliere. "Diese Schule hat aber auch nur eine Eingangstür. Bei uns im Schulzentrum gibt es mehrere Ein- und Ausgänge. Die lassen sich nicht ständig kontrollieren." Ein Großteil der Klassenzimmer hat inzwischen Knaufe, die es von außen unmöglich machen, den Raum zu betreten. Hagedorn: "Im Ernstfall käme durch die Lautsprecheranlage der Aufruf, die Türen zu schließen und in den Räumen zu bleiben." Die Lehrer hätten zudem eine Notrufnummer fürs Handy.

Wobei, wie Hauptschulrektor Ralf Lenninger andeutet, kein Lehrer gezwungen werden könne, sich für den schnellen Draht zur Polizei ein Mobiltelefon anzuschaffen. Eine andere Vorsorge: Im Erdgeschoss seien Sichtschutzblenden angebracht, so dass Fremde nicht so leicht in die Klassenräume blicken können. Vielleicht noch wichtiger: Lehrer wissen, was sie im Ernstfall tun müssen. Publikationen der Bezirksregierung hängen aus, zudem existiere ein Ordner, der das richtige Verhalten vorschreibe. Tatsächlich kalkulieren, wissen die Schulleiter, lassen sich Amok-Lagen aber nicht.

(RP/top)
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