Weeze Angst vor dem Heim: Besuche und Mitarbeit helfen

Weeze · Die langjährige Lebensgefährtin des 88-jährigen Weeezers, der sich am Montag das Leben genommen hatte, ist gestern ins Altenheim gezogen. Sie hat damit den Schritt gewagt, vor dem ihr Partner allem Anschein nach so große Angst hatte. Pfarrer Martin Niesmann ist froh darüber.

 Der 88 Jahre alte Mann hatte sich am Montag in seinem Garten nahe des Marktplatzes selbst angezündet. Er starb an den schweren Verletzungen.

Der 88 Jahre alte Mann hatte sich am Montag in seinem Garten nahe des Marktplatzes selbst angezündet. Er starb an den schweren Verletzungen.

Foto: Guido Schulmann

Für die Frau, die dort gut versorgt werden wird, ebenso wie für die Leiterin des Hauses und ihr Team. Denn wenn sich die Mitarbeiter des Theresienstifts auch keine Vorwürfe machen müssen: Die Situation ist belastend.

Pastor Niesmann war als Notfallseelsorger von der Polizei hinzugezogen worden - sein Pfarrhaus steht ganz in der Nähe. Auch er ist erschüttert über die Ausweglosigkeit, die der Senior offenbar verspürte. Sie macht ihn betroffen und traurig. Denn Niesmann weiß, wie es in Seniorenheimen allgemein und im Theresienstift im besonderen zugeht. Durch Gespräche mit Angehörigen und Heimleiterin hat er erfahren, dass es zuvor Kennenlern-Besuche und Gespräche gab. Der Umzug schien gut vorbereitet und von beiden alten Menschen akzeptiert.

"Unser Altenheim ist gut in die Gemeinde integriert, es ist ein offenes, helles Haus, Kinder gehen ein und aus. Unterm Strich haben wir mehr Ehrenamtler als Bewohner - da muss sich niemand einsam fühlen", versichert Niesmann. Auch baulich sei das Stift so angelegt, dass sich die 36 Bewohner wohlfühlen könnten: "Das Haus ist ebenerdig, alle Schlafzimmer haben einen Ausgang zum Garten. Wer will und körperlich dazu imstande ist, kann jederzeit nach draußen gehen."

Aber der Geistliche weiß auch: Jeder Mensch ist anders. Und jeder braucht eine andere Form der Begleitung. "Die Menschen spüren, ihr Lebensbereich wird enger. Aber das ist er, wenn sie ehrlich sind, durch die Gebrechen des Alters auch vorher schon geworden." Alt werden und letztlich auch das Sterben gehörten zur Lebenswirklichkeit. Nicht zuletzt, um sich damit auseinanderzusetzen und sich aufs eigene Alter vorzubereiten, engagierten sich viele Ehrenamtler in Heimen. "Es gibt aber genauso die anderen, die das Thema lieber ausblenden", weiß Niesmann.

Susanne van Megen ist Heimleiterin in Straelen und Lehrerin für Pflegeberufe. Sie wünscht sich, dass Angehörige und Senioren sich frühzeitig die in Frage kommenden Einrichtungen ansehen. "Oft entdecken sie dann jemanden, den sie von früher kennen, verlieren bei einer Tasse Kaffee die Scheu. Und wenn sie dann erfahren, dass sie ihre Möbel oder sogar den Hund mitbringen dürfen, nicht ins Bett geschickt werden und essen dürfen, wann sie möchten, dann sieht die Zukunft häufig gar nicht mehr so finster aus." Gegen seinen Willen werde niemand, der noch für sich selbst entscheiden kann, im Heim aufgenommen. Susanne van Megen: "Wir vermitteln auch Alltagshelfer, die den alten Menschen in ihrer Wohnung assistieren, so lange das eben geht."

(nik)
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