Kevelaer Asylbewerber sollen am Leben teilhaben

Kevelaer · Die neuen Container für Flüchtlinge sind beinahe bezugsbereit. Doch es soll nicht beim Dach über dem Kopf und einer warmen Mahlzeit bleiben. Bürger engagieren sich bei Rundem Tisch. Morgen Treffen im Antonius-Pfarrheim.

 Die Container am Bahnhof. Noch laufen die vorbereitenden Arbeiten.

Die Container am Bahnhof. Noch laufen die vorbereitenden Arbeiten.

Foto: Seybert

Auch wenn sie von ihrem früheren Leben Tausende Kilometer entfernt sind, ohne Familie, ohne Job: Flüchtlinge, die nach Kevelaer geraten, sollen sich nicht völlig verloren fühlen. Die Bürgerschaft der Marienstadt hat einen Runden Tisch Flüchtlinge gegründet, der seine Arbeit schon aufgenommen hat. Wenn am Dienstag ab 20 Uhr zu einer weiteren Sitzung des Aktionskreises eingeladen wird - diesmal ins Pfarrheim von St. Antonius - dann sollen sich gleichermaßen Asylbewerber und engagierte Kevelaerer dort treffen. Denn dann werden die Aktionen konkret.

Im Sozialausschuss, der inzwischen von der Arbeitsgruppe zum "echten" politischen Gremium aufgestiegen ist, informierte Ulrich Hünerbein-Ahlers (Grüne) die Ausschuss-Kollegen über den Stand der Dinge. Hünerbein-Ahlers hatte die Idee, einen Runden Tisch Asyl zu gründen, vor einiger Zeit öffentlich gemacht, aber gleich klar gestellt, dass er nicht dauerhaft die treibende Kraft sein wolle. Tatsächlich soll die Aktion so schnell wie möglich zum Selbstläufer werden. Und genau danach sieht es auch aus.

"Wir haben jetzt sieben Projekte, die schon laufen oder es in Kürze tun werden", erklärt der Kevelaerer. "Da ist zum einen die Fahrradwerkstatt, die sich mit den Flüchtlingen gemeinsam um die Räder kümmern möchte, die den Asylbewerbern überlassen wurden. Oft funktionieren sie aber nicht mehr und können deshalb nicht benutzt werden. Dann gibt es eine wöchentliche Arztsprechstunde, die ein hiesiger Mediziner unentgeltlich anbietet. Im evangelischen Pfarrhaus soll demnächst ein Koch-Projekt stattfinden."

Das ist längst nicht alles, sehr wichtig sind auch Sprachangebote. Offizielle Sprachkurse, die natürlich Geld kosten, sind für Flüchtlinge ohne Aufenthaltstitel in Deutschland nicht vorgesehen. Da aber anzunehmen ist, dass die immer zahlreicher werdenden Menschen, die nicht zuletzt aus Bürgerkriegsgegenden fliehen müssen, nicht so bald wieder ausreisen, macht es Sinn, ihnen Grundkenntnisse der Sprache des Gastlandes zu vermitteln. "Neun Bürger haben sich schon bereit erklärt, eine Gruppe zu übernehmen", freut sich Hünerbein-Ahlers.

Ein gärtnerisch ambitionierter Kevelaerer (alle Akteure wollen zumindest bis morgen namentlich "anonym" bleiben) hat vor, mit Asylbewerbern ein Grundstück an der Delbrückstraße zu bestellen: "Dort soll gesät, gepflanzt und geerntet werden", erzählt der Grüne, dem dies wohl besonders gut gefällt. Übrigens seien auch Deutsche eingeladen, mitzumachen - so ist Integration nämlich zu verstehen. Und dann ist da noch der Kevelaerer Sportverein, der mit einer Gruppe junger Männer schon im Hallenbad zum Schwimmen war. Sobald die Plätze wieder freigegeben sind, soll ein weiterer großer Wunsch erfüllt werden: Fußball spielen! Schließlich ist auch an die Weiterbildung der Gruppenbetreuer gedacht. Ehrenamtler sollen sich im Dschungel von Verfahren, Duldung, Status und Asylbewerberleistungsgesetz zurecht finden. Und etwas über die zum Teil sehr fremden Herkunftsländer lernen, um Missverständnisse zu vermeiden.

"Es ist zum Beispiel nicht unhöflich, wenn ein junger Syrer einer Frau keine Hand gibt oder ihr nicht in die Augen sieht, sondern in dessen Kultur so üblich", erklärt Hünerbein-Ahlers. Es muss also gelernt werden - auf beiden Seiten.

(RP)
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