Kevelaer Beerdigung 70 Jahre nach dem Tod

Kevelaer · Auch viele Jahre nach dem Kriegsende werden in den Niederlanden tote deutsche Soldaten gefunden. Sie werden in einer besonderen Feier auf dem Friedhof in Ysselsteyn, 25 Kilometer hinter der Grenze, von Pfarrer Janssen beigesetzt.

 Ein Trompeter begleitet die Beisetzung auf dem Friedhof in Ysselsteyn, wo mehr als 32 000 deutschen Soldaten beerdigt sind. Die Kreuze verteilen sich über viele hundert Meter.

Ein Trompeter begleitet die Beisetzung auf dem Friedhof in Ysselsteyn, wo mehr als 32 000 deutschen Soldaten beerdigt sind. Die Kreuze verteilen sich über viele hundert Meter.

Foto: Markus van Offern

Der Krieg ist 70 Jahre her, die Kämpfe von damals sind weit weg. Doch hier in Ysselsteyn ist der Schrecken des Krieges wieder ganz nah. Dicht an dicht stehen die Kreuze auf dem zweitgrößten Soldatenfriedhof in den Niederlanden, sie reichen bis an den Horizont. Es ist kaum möglich, sie zu zählen. 32 000 Soldaten sind hier beerdigt, jetzt kommen sieben weitere dazu. Der emeritierte Pfarrer Hubertus Janssen aus Kevelaer setzt sie bei.

 Pastor Hubert Janssen aus Kevelaer gestaltete die Beisetzung.

Pastor Hubert Janssen aus Kevelaer gestaltete die Beisetzung.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Auch 70 Jahre nach Kriegsende werden immer noch sterbliche Überreste von Wehrmachtssoldaten gefunden. Die niederländische Armee hat eine besondere Abteilung, die für Bergung und Identifizierung zuständig ist. Diesmal bleiben die Toten namenlos. Sie wurden in einer Gegend gefunden, wo es heftige Kämpfe gegeben hatte. 70 Jahre lang blieben die Toten unentdeckt, bis bei Arbeiten in einem Garten die Gebeine gefunden worden waren. Ihre Erkennungsmarken waren unkenntlich, daher war nicht mehr herausfinden, um wen es sich genau handelt. "Deutsche Soldaten" steht daher auf dem Sarg. Das wird auch auf dem Kreuz stehen, das am Grab in die Erde kommt.

 Soldaten lassen die kleinen Holzsärge in den Boden. Auf den Kreuzen werden keine Namen stehen, denn die Toten sind unbekannt.

Soldaten lassen die kleinen Holzsärge in den Boden. Auf den Kreuzen werden keine Namen stehen, denn die Toten sind unbekannt.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Reservisten sind angetreten, um den unbekannten Toten die letzte Ehre zu erweisen. Verteidigungsattaché Stephan Helbig hält eine kurze Ansprache. Er dankt dem niederländischen Identifikationsdienst. "Ohne deren Arbeit wäre wir nicht hier. So haben wir die Möglichkeit, die Würde der Toten wiederherzustellen", betont er.

"Der Krieg holt uns immer noch ein", sagt Pfarrer Janssen. Auch wenn niemand die Namen der Toten wisse, stehe fest, dass sie Menschen seien wie du und ich. Er erinnert an die Angehörigen, die inzwischen gestorben sind, ohne zu wissen, was mit ihrem Vater, Sohn oder Bruder passiert ist. Die Beerdigung sei ein Anlass, an alle zu denken, die weiter in der Ungewissheit über den Verbleib ihrer Lieben leben müssen. Pfarrer Janssen bittet um ein "Vater Unser" in Stille, dann werden die Särge herabgelassen. Die Trompete spielt. Das Grauen des Krieges ist für kurze Zeit wieder da.

Die Trauergäste erweisen den Toten die letzte Ehre. Neben Soldaten sind auch junge Leute gekommen. Sie gehören zur Jugendbegegnungsstätte, die dem Friedhof angeschlossen ist. Auch Pfarrer Janssen hat zu dem Friedhof eine ganz persönliche Beziehung. Sein Vetter ist hier beigesetzt. "Er hatte noch seine Eltern in Kevelaer besucht und war dann mit dem Motorrad nach Holland gefahren." Er kehrte nicht mehr lebend zurück und wurde in Ysselsteyn beigesetzt.

Daher war Janssen auch sofort bereit, die Besetzungen zu übernehmen, als er vor fünf Jahren angesprochen wurde. Seitdem war er jedes Jahr dabei. Und es wird nicht die letzte Trauerfeier gewesen sein. Mehrere tausend Soldaten werden immer noch vermisst. "Rund um Arnheim haben damals heftige Kämpfe stattgefunden", berichtet Stabsfeldwebel Carsten Wandelt. Schützengräben seien bei Regen damals voll gelaufen, Tote mussten zurückgelassen werden. Sie blieben unentdeckt zurück und werden immer mal wieder gefunden. Bei Straßenarbeiten, beim Hausbau oder beim Umpflügen des Ackers. Wenn Überreste gefunden werden, die aus dem Weltkrieg stammen könnten, informiert die Polizei die niederländische Spezialeinheit für Bergen und Erkennen. Dort arbeitet Oberstabsfeldwebel Patric van Aalderen, der mit seinem Team im Labor die Knochen ganz genau untersucht. Größe und Alter können so bestimmt werden, wenn die Experten Glück haben, finden sie auch eine Erkennungsmarke und den Hinweis auf die Identität des Toten. Für van Aalderen hat seine Arbeit eine wichtige Bedeutung. Man gebe den Toten mit der Beisetzung die Würde zurück. "Es geht auch um Versöhnung über die Grenzen hinweg, daher werden hier diese Beerdigungen durchgeführt."

Es wird sicher weitere geben, denn allein im Moment wertet der Identitätsdienst die Überreste von 40 deutschen Soldaten aus. Auch von ihnen werden wieder viele namenlos bleiben.

(RP)
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