Kevelaer Bewohnt verkauft sich besser

Kevelaer · Sandra Joosten aus Kevelaer setzt auf "Home Staging". Leerstehende Wohnungen werden eingerichtet, um sie besser vermarkten zu können. In Großstädten ist das "In-Szene-Setzen" von Immobilien längst angekommen.

Kevelaer: Bewohnt verkauft sich besser
Foto: Sandra Joosten

Wenn Sandra Joosten von ihrem Beruf erzählt, tauchen in den Augen ihrer Zuhörer zunächst viele Fragezeichen auf. Die Kevelaererin macht "Home Staging". Weil sie es schon so oft erklärt hat, kann sie es mittlerweile in wenigen Worten prägnant zusammenfassen: ",Home Staging' ist das professionelle Herrichten von Immobilien, die verkauft werden sollen."

In Großstädten und im Fernsehen ist der Trend schon längst angekommen, kahle Räume durch geschicktes Dekorieren aufzuwerten. "Das Problem ist, viele Menschen können sich wahnsinnig schlecht vorstellen, wie ein Raum möbliert aussieht", erklärt Joosten. Da hilft sie als "Home Stagerin" nach. Sie vergleicht das mit der Partnersuche. "Zum ersten Date gehe ich ja auch nicht im Jogginganzug."

Ähnlich wie beim Date, kommt Aufgedonnertsein nicht so gut an. "Je neutraler, desto besser", erklärt die "Home Stagerin". Aber eine persönliche Note, die darf es schon sein. Auch eine knallige Farbe, wie Pink oder Türkis, ist okay, wenn sie sich in jedem Raum wiederfindet und dem Auge schmeichelt. "Atmosphäre schaffen", nennt es die Kevelaererin. Mit Couch, Teppich und Bild bekommt ein leeres Zimmer plötzlich Wohnzimmeratmosphäre.

Weil sie "Home Stagerin" und keine Möbelpackerin ist, kann sie aber nicht in Wohnungen im dritten Stock mal eben einen Sessel oder ein ganzes Bett hochschleppen. "Es gibt aber eine niederländische Firma, die sind auf ,Home Staging' spezialisiert. Sofas, Doppelbetten, sogar eine ganze Küche kann ich bei denen bestellen, die kommen dann flach gefaltet an und sind in Null-Komma-Nichts aufgebaut", erklärt Joosten freudig. Alles ist aus Pappe. Darüber kommen Decken und Kissen und schon sieht ein Bett aus wie ein richtiges Bett.

Aber Vorsicht! "Man muss schon aufpassen, dass sich keiner bei einer Besichtigung draufsetzt", sagt Joosten. Und auch sie muss sich daran erinnern, dass es nicht echt ist. Sie hat kein Problem damit, dass die Möbel nicht real sind. Denn es gehe eben nicht darum, Möbel auszustellen, sondern ein Bild zu schaffen, erklärt die "Home Stagerin".

Aufgewertet wird das Ganze mit Accessoires aus ihrem eigenen Fundus. "Zehn verschiedene Kerzenständer, die muss man einfach haben", sagt Joosten. Für jeden Geschmack und jede Zielgruppe etwas. Das trendige Micky-Maus-Telefon auf ihrer Anrichte, das könne sie sich zum Beispiel als Hingucker bei einem jungen Pärchen vorstellen, aber sonst?

Allzu unglücklich ist sie allerdings nicht, dass sie mit gutem Gewissen schöne Sache einkaufen kann und das mit "ist für meinen Beruf" im Familienkreis begründet. Das ist ein netter Nebeneffekt.

Eigentlich kommt sie beruflich gesehen aber aus einer ganz anderen Ecke. "Bevor ich das Abitur gemacht habe, stand ich vor der Wahl, Buchhändlerin oder Immobilienkauffrau zu lernen. Die beste Freundin wurde Buchhändlerin. "Wie das so ist unter besten Freundinnen, ich auch", sagt die Kevelaererin. 20 Jahre später erinnerte sie sich. "Ach ja, ich wollte damals auch was mit Immobilien machen",drückt es die 40-Jährige aus und setzt ihren Traum in die Tat um, wird Maklerin.

"Der Beruf hat sich gewandelt. Er ist nicht mehr so, wie vor 15 Jahren. Es reicht heutzutage nicht mehr, Fotos und Exposés zu machen", sagt Joosten. Deswegen kam sie auf die Idee mit dem "Home Staging". Das ist in den USA übrigens seit den 1970er Jahre bekannt, in England und Skandinavien gang und gäbe.

Dass "Home Staging" durchaus Sinn macht, belegten Studien, sagt Joosten. "Allgemein kann man sagen, dass Häuser, die ,Home Staging' erfahren haben, 50 Prozent schneller verkauft werden."

Auch der nächste Vergleich klingt einleuchtend. "Wenn ich ein Auto verkaufen will, poliere ich es vorher ja auch auf", sagt die Maklerin. Und jeder Autoverkäufer ist bereit, in eine Grundreinigung zu investieren. Die Kosten für ein "Home Staging" richten sich nach dem Aufwand. "In der Regel ein bis drei Prozent des Kaufpreises", sagt Joosten. Zum Einsatz kommt sie nicht nur bei gähnend leeren Wohnungen, sondern auch in bewohnten Häusern, die verkauft werden sollen. Da sei Fingerspitzengefühl gefragt.

Ihre Aufgabe besteht oft darin, Dinge wegzuräumen, die Figuren, persönlichen Bilder vom Kaminsims oder von den Wänden zu entfernen, damit das Gebäude, um das es eigentlich geht, sichtbar wird. Schön soll es sein. "Denn in Sekundenschnelle ist entschieden, es ist meins oder es ist nicht meins", erklärt die Maklerin.

(RP)
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