Kevelaer Bittere Niederlage für Ulrich Janssen

Kevelaer · 129 Mitglieder der Gelderner CDU-Basis haben gestern Abend abgestimmt, ob Janssen "ihr" Bürgermeisterkandidat bleiben soll oder nicht. Ergebnis: Nein - mit knappen 67 zu 62 Stimmen. Die Diskussion davor war aufgewühlt.

 Werden keine Freunde mehr: Versammlungsleiter Stefan Wolters bittet den etwas zu temperamentvollen Ex-Landrat Gerd Jacobs zurück auf seinen Platz.

Werden keine Freunde mehr: Versammlungsleiter Stefan Wolters bittet den etwas zu temperamentvollen Ex-Landrat Gerd Jacobs zurück auf seinen Platz.

Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Jede Menge starke Worte für und gegen Ulrich Janssen flogen gestern Abend in einer gut eineinhalbstündigen Aussprache durch den vollen Saal in der Gaststätte "Zur Niersbrücke". Als schließlich das Ergebnis verkündet wurde, wurde es eher still. 62 Stimmen hatte es für Ulrich Janssen gegeben, 67 gegen ihn. Drei Parteimitglieder hatten also nicht mit Ja oder Nein votiert, denn insgesamt waren 132 Stimmberechtigte da. Zudem hatten viele Interessierte die Diskussion verfolgt.

 Bürgermeister Ulrich Janssen muss sich vom Stadtverbandsvorsitzenden Stefan Wolters, ansonsten eher ein ruhiger Vertreter, in die Schranken weisen lassen.

Bürgermeister Ulrich Janssen muss sich vom Stadtverbandsvorsitzenden Stefan Wolters, ansonsten eher ein ruhiger Vertreter, in die Schranken weisen lassen.

Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Es gehe darum, ob man noch das nötige Vertrauen in Janssen habe, sagte eingangs der Stadtverbandschef und Versammlungsleiter Stefan Wolters. Er lenkte den Blick auf die Facebook-Affäre: Der Bürgermeister hätte erklären müssen, dass er mit etwas, das "nach außen den Eindruck der Manipulation erweckt, nichts zu tun hat", sagte er. Aber: "Je mehr Erklärungsversuche gestartet wurden, desto undurchsichtiger wurde das Ganze."

 Der Moment der Niederlage: Im Kreise seiner Familie nimmt Bürgermeister Ulrich Janssen das knappe Abstimmungsergebnis entgegen.

Der Moment der Niederlage: Im Kreise seiner Familie nimmt Bürgermeister Ulrich Janssen das knappe Abstimmungsergebnis entgegen.

Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Für eine Reihe von Parteimitgliedern war das kein Grund, Janssen den Rücken zu kehren. Das sei eine "lächerliche Angelegenheit" und "überhaupt nicht wichtig", ganz sicher nicht bedeutend genug, um gegen Janssen zu stimmen, sagte Ratsfrau Christel Borgmann. "Was haben wir denn noch, wenn wir ihn demontieren? Herrn Grahl? Das kann nicht sein."

Gelderns Ortsbürgermeister Johannes Leurs schlug in die gleiche Kerbe: "Meinem Rechtsverständnis nach ist gar nichts passiert", sagte er. Und die Berichterstattung in der RP sei "völlig einseitig" gewesen.

Ex-Landrat Gerd Jacobs sprach von einer "Kampagne" gegen Janssen, initiiert von den Führungspersonen der Gelderner CDU. Das schade der Partei, meinte er, und herrschte Stefan Wolters direkt an: "Der Vorsitzende ist für die Partei verantwortlich, Junge!"

Wiederholt kam die Forderung, wenn es noch mehr zu wissen gebe als die Facebook-Affäre, dann müsse das sofort auf den Tisch kommen: "Alles! Und jetzt!" Georg Kreutz vom Stadtverbandsvorstand zählte auf: die Affäre, die Sondersitzung des Stadtrates zur IT-Sicherheit in der Verwaltung und das von Janssen selbst produzierte Video, das den Bürgermeister mit einem ins Bild montierten Krönchen im Rathaus zeigt. "Irgendwann ist die CDU aufgefordert, zu reagieren", sagte er.

Auch CDU-Vertreter Frank Greshake machte auf eine dramatische Situation der Partei aufmerksam: "Wir werden von Leuten, die ihr Leben lang nichts anderes gewählt haben als CDU, beiseite genommen, und die sagen: Das hat sich jetzt erledigt", berichtete er. Janssen habe politisch sicher viel vorzuweisen, "aber die Glaubwürdigkeit ist weg". Dann erkläre der Bürgermeister auch noch öffentlich, er sei nicht "Untertan" der CDU, und verlange, dass seine Bilder von den CDU-Internetseiten entfernt würden, wolle aber weiter für die Partei kandidieren: "Das ist realitätsfern."

Berichte anderer CDU-Vertreter gingen in die gleiche Richtung: "Menschen sagen: Wir knallen euch das Parteibuch auf den Tisch. Macht was." Wochenlang habe man die "Eskapaden" des Bürgermeisters verteidigt: "Bei dem Video fiel uns nichts mehr ein." Ein Redner legte Janssen den Rücktritt nahe. Er sei vielleicht ein "Top-Bürgermeister", aber sein Umgang mit der Facebook-Affäre sein niemandem zu vermitteln. Sein Appell: "Übernehmen Sie Verantwortung, und sie haben einen Bomben-Abgang."

Stefan Wolters erklärte, man werde gelegentlich gefragt, ob man nicht etwas "dafür kriege", wenn man einem bestimmten Bauprojekt zustimme, und das sei "keineswegs witzig". Janssen reagierte darauf mit höchster Empörung: Wolters werfe ihm Korruption vor, "das ist ungeheuerlich". Wolters hingegen betonte, es gehe um das, was er auf der Straße zu hören bekomme.

Janssen warb eindringlich um Sympathien. Er glaube, "dass ich auch nach wie vor Ihr Vertrauen verdiene". Üble Gerüchte über seine Person hätten ihn in den vergangenen Wochen "zutiefst persönlich verletzt".

Nach der Mitglieder-Abstimmung kündigte Stefan Wolters an, man werde die nächsten Schritte - gemeinsam mit Ulrich Janssen - nun beraten. Er selbst stehe nicht als neuer Bürgermeisterkandidat zur Verfügung.

(RP)
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