Kevelaer Brocks brutzelt seine letzten Fritten

Kevelaer · Nach 32 Jahren verlässt Karl Brocks die Schank- und Speisenwirtschaft St. Joseph in Kevelaers Hauptstraße. Ein Rückblick auf hungrige Pilger und gut gehende Geschäfte. Der Neue ist Lothar Quartier von CurryQ aus Kleve.

 Auch am letzten Tag ließ sich Karl Brocks die goldbraunen Pommes schmecken, für die seine Imbissbude seit vielen Jahren in der Region bekannt ist.

Auch am letzten Tag ließ sich Karl Brocks die goldbraunen Pommes schmecken, für die seine Imbissbude seit vielen Jahren in der Region bekannt ist.

Foto: Seybert

Die Schürze band sich Karl Brocks gestern zum letzten Mal um, bevor er sie an den Nagel hängt. Eine Ära von 32 Jahren Schank- und Speisenwirtschaft St. Joseph geht damit zu Ende. Sonntags stand Chef und Eigentümer Brocks immer noch selbst an der Fritteuse. "Obwohl die eigentliche Chefin ist meine Frau Patricia", sagt der Kevelaerer. Der 64-Jährige lässt die vergangenen drei Jahrzehnte Revue passieren. Mit 25 Jahren wollte er sich selbstständig machen und übernahm die Fleischerei der Familie Iding auf der Hauptstraße in Kevelaer.

Sein Blick fiel immer auf das Geschäft gegenüber, die Gastwirtschaft St. Joseph. "Dieses Geschäft mit der Nummer 51 war schon immer eine Gaststätte mit Straßenverkauf", erinnert sich Brocks an das, was seinen Blick magisch anzog. "Den gesamten Sommer stand da immer eine Schlange Menschen an." Damals gab es Pommes Rot-Weiß in Spitztüten. "Kevelaer war brechend voll", sagt Brocks. Er spricht von eine Millionen Pilger, die sich durch die Stadt schoben, und die irgendwann auch hungrig waren. Als er hörte, dass der damalige Wirt von St. Joseph aufhörte, witterte er seine Chance und schloss gleich einen Mietvertrag für 20 Jahre ab. Das wäre bis 2003 gewesen. Aber schon 1985 kaufte er das Haus mit der Nummer 51.

Was die Pilger am liebsten auf ihren Tellern haben, kann er nach drei Jahrzehnten auswendig aufsagen. "40 Prozent nehmen Currywurst, 40 Prozent Schnitzel, 20 Prozent unseren eigenen Rindsschaschlik", zählt Brocks auf. Das Ganze natürlich mit Pommes. Das Fleisch kommt von schottischen Rindern, die er auf seinem Hof zwischen Kevelaer und Weeze grasen lässt.

Gründe fürs Aufhören mit 64 Jahren sind nicht das Alter oder schwindende Arbeitskraft. "Ich habe noch acht Firmen, gerade in den neuen Bundesländern", sagt Brocks und erstickt die Vorstellung, dass er ohne sein Lokal St. Joseph Langeweile bekommen könnte, im Keim. "Die Winter in Kevelaer sind schrecklich. Auf der Fußgängerzone ein Geschäft zu haben ist eine ganz schwierige Aufgabe", sagt Brocks. Die Pilger, die fehlen dann. "Wenn wir Kinder hätten, wäre es vielleicht ein Grund, weiterzumachen", sagt Brocks.

Aber dann denkt er wieder an seine anderen Verpflichtungen, seine Disco in Neubrandenburg, die er zum Projekt Betreutes Wohnen umbauen will. "Man kann nicht drüben Geschäfte haben und sich nicht sehen lassen", sagt Brocks. Deswegen pendelt er hin- und her. Das wird er auch weiterhin tun. Denn niemals geht man so ganz. "Ich habe noch mein Büro im Haus mit der Nummer 51", sagt der Kevelaerer. Seine Logistikzentrale. "Ich habe dann das Glück, den Mittagstisch von Herrn Quartier auszuprobieren."

Denn auch in Zukunft werden Essensdüfte durch die Räume des Hauses Nummer 51 an der Hauptstraße ziehen.

Mit dem Unterschied, dass Brocks dann vor, und nicht mehr hinter der Theke steht.

(RP)
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