Kevelaer Bürger fühlen sich vertröstet und belogen

Kevelaer · Das Ringen um die Ortsumgehung OW 1 ist für die Anwohner zermürbend. Sie kämpfen gegen Widerstände. Jetzt aber glauben sie, dass man ihnen einfach nicht die Wahrheit sagt. Für neue Verzögerungen gebe es "vorgeschobene Gründe".

 Ein alltägliches Bild an der Rheinstraße: Der Verkehr quält sich durch die enge Straße. Die Grafik zeigt, wie die Umgehung zwischen Winnekendonk und Wetten zur A 57 führen soll.

Ein alltägliches Bild an der Rheinstraße: Der Verkehr quält sich durch die enge Straße. Die Grafik zeigt, wie die Umgehung zwischen Winnekendonk und Wetten zur A 57 führen soll.

Foto: Seybert

Was, fragen sich die Anwohner der Rheinstraße in Kevelaer, sollen sie denn noch tun? Sie kämpfen seit Jahrzehnten für die Ortsumgehung, die OW 1. Und sie wehren sich dagegen, zu resignieren, während die Absegnung der Planungen immer wieder verschoben wird. "Wir schreiben jedes Jahr die Bezirksregierung an, und immer ist die Antwort die gleiche", erzählt Ditmar Schädel von der Bürgerinitiative "Pro OW 1": "Immer wieder wird uns der Abschluss des Verfahrens für das Ende des laufenden Jahres angekündigt."

Jahr für Jahr geht das so. Die Erklärungen, was der Unterschrift der Regierungspräsidentin unter den Bauplänen für die OW 1 entgegenstehe, wechselten im Laufe der Zeit. "Erst war es der Steinbeißer", sagt Mitstreiter Hans Boers. "Dann war es die Fledermaus. Dann der Biber." Vertröstet fühlen die Bürger sich davon. Und heute fällt "Pro OW1"-Mitglied Franz-Josef Büren dazu auch noch ein anderes Wort mit "ver..." ein. Denn jetzt haben sie den Eindruck, dass man sie kalt anlügt.

Dabei geht es um die Niersaue. Die Bezirksregierung hatte die neuesten Verzögerungen mit Verweis auf dieses Biotop erklärt. Man habe noch den Ausgang eines wasserrechtlichen Verfahrens zur Renaturierung der Niersaue abwarten müssen. Den Aktiven aus Kevelaer erschließt sich das nicht. Das so genannte "Binnenfeld" in der Niersaue werde bis Ende Februar fertig renaturiert sein. "Die Fläche ist als Ausgleichsmaßnahme für den Landverbrauch, den die OW 1 erfordert, anerkannt", sagt Ditmar Schädel. "Und jetzt heißt es, dass da noch Fragen offen sind." Er glaubt daran nicht: "Das ist ein vorgeschobener Grund." Das Areal sei quasi fertig, die Auflagen seien erfüllt: "Es steht nichts mehr im Wege."

Die Streiter aus Kevelaer glauben, dass die Politik - allen voran die Grünen - die Umgehung einfach nicht will. Sie sind mit ihrem Latein bald am Ende. "Wir können jetzt nur noch öffentlich Druck machen", sagt Ditmar Schädel.

Die Not der Anwohner sei groß. "So 14.000 bis 15.000 Autos fahren täglich vorbei. Darunter der Schwerverkehr, zirka 800 Laster über 7,5 Tonnen", zählt Franz-Josef Büren auf. Allein auf dem Abschnitt der Rheinstraße zwischen Bundesstraße 9 und Niersbrücke seien um die 200 Menschen betroffen. Die Bebauung - Häuser auf beiden Seiten, zwischen denen die Straße wie in einem Trog liegt - verschärft die Lärmbelastung noch. Schlafzimmer könne man aus den der Straße zugewandten Räumen nicht machen, erzählen die Betroffenen. Büren zum Beispiel hat eigens einen Anbau auf seinem Grundstück geschaffen, um Nachtruhe zu haben.

Und wie vielen Schadstoffen sie ausgesetzt sind, wissen die Anwohner gar nicht, denn das wird anhand von Durchschnittswerten hochgerechnet. Es seien aber überdurchschnittlich viele Diesel-Fahrzeuge auf der Strecke unterwegs. "Wir fordern eine richtige Messung", sagt Schädel. Vor allem aber fordern die Leidgeprüften, dass die Umgehung gebaut wird. Hans Boers stellt fest: "Ganz Kevelaer schreit, das Ding muss kommen."

(RP)
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