Kevelaer Der Kevelaerer, der mit Adenauer nach Moskau flog

Kevelaer · Einmal, an einem jener turbulenten und nervenaufreibenden Verhandlungstage im Spiridonowka-Palais in Moskau sprang Nikita Chruschtschow wutentbrannt auf und drohte dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer mit erhobener Faust. "Der ,Alte' blieb ungerührt, erwiderte die Geste spielerisch - was den Parteichef der KPdSU zunächst verblüffte und schließlich in ein Lachen ausbrechen ließ", erinnert sich Peter Limbourg, der damals dabei war. Man schrieb das Jahr 1955. Viel stand auf dem Spiel: Knapp 10 000 deutsche Soldaten waren noch als Kriegsgefangene in der Sowjetunion. Adenauer wollte sie zurück nach Deutschland holen. Fast 60 Jahre ist das her. Peter Limbourg war seinerzeit 40 Jahre alt und als Persönlicher Referent des damaligen deutschen Außenministers Heinrich von Brentano ein aufstrebender Diplomat. Am heutigen Samstag feiert der Botschafter a.D. in seiner Geburtsstadt Kevelaer im Kreise seiner Familie seinen 100. Geburtstag.

 Peter Limbourg, Botschafter a.D., wird heute 100 Jahre alt.

Peter Limbourg, Botschafter a.D., wird heute 100 Jahre alt.

Foto: kdi

Es geschieht nicht oft, dass ein Mensch auf ein Jahrhundert intensiver persönlicher und historischer Erfahrungen zurückblicken kann. Als Peter Limbourg geboren wurde, tobte der Erste Weltkrieg noch nicht einmal ein Jahr. 1920 starb sein Vater an der Spanischen Grippe, die weltweit mehr als 20 Millionen Menschen dahinraffte. Peter Limbourg studierte Staats- und Rechtswissenschaften in Bonn, bevor er 1939 eingezogen wurde. 1950 trat er in den Staatsdienst ein, war ab 1961 Botschaftsrat in der Deutschen Vertretung am Heiligen Stuhl in Rom. 1965 wechselte er als Gesandter an die Deutsche Botschaft in Paris. Es folgten Posten als Botschafter in Athen und Brüssel. Die Reise vor 60 Jahren nach Moskau zählt zu den spannendsten Episoden seines langen Lebens: "Vor jedem offiziellen Essen mit den Russen versammelte sich die deutschen Delegierten und nahmen je einen Löffel mit Olivenöl zu sich", erzählt Peter Limbourg. "Die Prozedur ging auf eine Anregung Adenauers zurück, der sich selbst damit vor den Alkoholexzessen der Gastgeber wappnete. Ich kann nur sagen: Sie hat uns alle vor Schaden bewahrt."

Am Ende gaben die Sowjets ihr Ehrenwort, alle deutschen Gefangenen freizulassen. Und sie hielten es. 1957 errang der "Kanzler, der die Kriegsgefangenen heimholte", für die Union die absolute Mehrheit.

(RP)
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