Kevelaer Der Papst-Aufruf im Praxistest

Kevelaer · Das Flüchtlingsthema bewegt auch den höchsten Amtsinhaber der katholischen Kirche. Er sprach sich dafür aus, konkret Hilfe zu leisten und Familien in Pfarreien unterzubringen. Einige tun es, anderen fehlt es an Immobilien.

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
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Foto: dpa, rwe lof

Nach dem Angelusgebet trat der Papst vor die Gläubigen mit folgendem Vorschlag: Jede Pfarrei oder Gemeinschaft solle mindestens eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen. Der Vatikan selbst werde zwei Familien beherbergen. Das war am 6. September. Seitdem sind zwei Wochen vergangen, und die katholischen Kirchengemeinden hatten Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie die Idee des Papstes in der Praxis umzusetzen ist. Hier Reaktionen und Ergebnisse:

Kevelaer Die Pfarrgemeinde St. Marien Kevelaer stellt zwei Wohnungen für Flüchtlingsfamilien zur Verfügung. Eine davon ist am Kapellenplatz, die zweite wird Mitte Oktober fertig. Die Stadt Kevelaer übernimmt die Miete, die deutlich unter dem üblichen Mietwert liege, erklärt Rendant Gottfried Mülders. "Wohnraum zu finden ist eine große Sache", sagt Pastor Rolf Lohmann.

Diese Menschen helfen Flüchtlingen
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"Das Wort des Papstes ist gut und richtig, was er sagt, ist auch dran", lautet der Kommentar von Wallfahrtsrektor Lohmann. "Die Frage ist: Wo ist das möglich?" Da müssen die Vernunft regieren. Dass viele Menschen die Bedürftigkeit der Flüchtlinge erkennen, sehe er an der Spendenaktion Piroge, die mittlerweile 11.600 Euro einbrachte, und an dem Engagement der Teilnehmer am runden Tisch.

Pastor Andreas Poorten von St. Antonius Kevelaer erklärt, dass erst kürzlich über das Thema Flüchtlingsunterbringung im Pfarreirat gesprochen worden ist. "Grundsätzlich ist die Bereitschaft da, wir haben jetzt aber keine Immobilien frei stehen", beschreibt er die gegenwärtige Situation in seiner Gemeinde.

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
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Weeze Die Aussage des Papstes müsse in einem größerem Zusammenhang gesehen werden, sagt Pastor Klaus Martin Niesmann aus Weeze. Die Gemeinde Weeze als Kommune stelle viele Unterkünfte zur Verfügung. "Dadurch sind wir recht gut ausgestattet." Er setzt auf verzahntes Arbeiten. Die Kontakte und Netzwerkarbeit stehen für den Pastor von St. Cyriakus im Vordergrund. Er hat erst kürzlich eine Flüchtlingsfamilie am Airport besucht.

Geldern Wie bereits berichtet darf sich die Kirchengemeinde St. Maria Magdalena Geldern über die Erbschaft mehrerer Häuser einer Witwe aus Pont freuen. "Wir sind in der Sichtungsphase", sagt Pastor Arndt Thielen über die Möglichkeit, diese Gebäude für Flüchtlinge bereitzustellen. "Es muss menschenwürdig sein", betont er. Alte, sanierungsbedürftige oder feuchte Gebäude sind für Flüchtlinge nicht als Wohnraum geeignet. Auch er betont die "Manpower", die aus der Gemeinde und vielen freiwilligen Helfern kommt.

So viele Flüchtlinge mussten die Städte 2014 neu aufnehmen
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Wachtendonk In der Pfarrei St. Marien Wachtendonk, Wankum, Herongen gibt es zwar Mietobjekte, aber die sind alle bereits belegt. "Das ist leichter gesagt, als umgesetzt", sagt Pastor Ralf Lamers zu der Idee des Papstes. "Der Papst macht eine grundsätzliche Aussage, ohne zu wissen, wie es in der Pfarrei XY aussieht." Denn klar sei, die bestehenden Mietverträge seien auf lange Zeit geschlossen worden. Klar sei aber auch: "Es kann uns nicht gleichgültig sein, was da passiert", sagt Lamers weiter zur Flüchtlingssituation. "Wenn wir Wohnraum hätten, würden wir den den Flüchtlingen zur Verfügung stellen."

Issum Wohnraum für mindestes drei Familien wird aktuell bei der Pfarrgemeinde St. Anna Issum Sevelen gemeinsam mit der Kommune auf den Weg gebracht. "Wir sorgen als Kirchengemeine dafür, dass ein leerstehendes Haus zur Verfügung gestellt wird. Es musste baulich noch einiges hergerichtet werden", sagt Pastor Stefan Keller.

Straelen "Wir sind noch nicht soweit", heißt es von Pastor Ludwig Verst aus Straelen, was den Wohnraum angeht. Das Gemeindehaus steht aber jetzt schon für Treffen und Integrationskurse zur Verfügung. "Klar ist, dass jeder einzelne herausgefordert ist", sagt der Pastor und meint damit alle, nicht nur die Kirchen. "Als Gemeinde stehen wir natürlich auch in der Verantwortung."

Kerken Es sei schon zwei Jahre her, dass sie einer Familie Wohnraum verschafft haben, sagt Dechant Theodor Prießen von St. Dionysius Kerken. Dadurch, dass es die zentrale Unterbringungsmöglichkeit Via Stenden gebe, seien keine neuen Flüchtlinge in Kerken zu erwarten. Dennoch gab es ein Treffen mit der evangelischen Pfarrerin Karin Latour und dem Bürgermeister Dirk Möcking. "Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt, ob wir nicht doch Kapazitäten haben, Flüchtlinge aufzunehmen, auch wenn wir wegen der zentralen Aufnahmestelle Via Stenden keine Familien zugewiesen bekommen", sagt Prießen. "Wir haben keine Wohnungen, die frei sind, wir haben auch keine Häuser geerbt, aber über die Notwendigkeit hinaus sind wir bereit, Familien aufzunehmen." Denn das Schicksal der Flüchtlinge lässt keinen kalt.

(RP)
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