Kevelaer Der zwanglose Umgang mit dem Tod

Kevelaer · Im Hubertuskindergarten in Kevelaer gab es jüngst eine Projektwoche zum Thema "Sterben". Diese ist bei Kindern, Mitarbeitern und Eltern gut angekommen. Begleitet wurde sie von der Caritas sowie von den Seelsorgern vor Ort.

Kevelaer: Der zwanglose Umgang mit dem Tod
Foto: Schwerdt

"Der Sarg ist die Schatztruhe und mein Opa ist der Schatz." Es ist dieser Satz, der Johanna Dicks immer noch bewegt. Gesagt hat ihn ein Fünfjähriger und ein passendes Bild dazu hat er auch gemalt. Für Johanna Dicks, Leiterin des Hubertuskindergartens in Kevelaer, war dieser Satz auch eine Bestätigung für ihre Arbeit. Aus ihrer Sicht sollte sich eine Kita auch mit unangenehmen Themen wie Tod und Trauer auseinandersetzen: "Es sollte ein selbstverständlicher Teil unserer Arbeit sein."

Beim Diözesancaritasverband Münster sieht man das ganz ähnlich. "Wir haben zum Thema einen Fachtag angeboten und planen für die Zukunft entsprechende Fortbildungen", erklärt die zuständige Referentin Kathrin Wiggering. Insbesondere der Fachtag habe gezeigt, dass sich viele Kindertagesstätten auf den Weg machen wollen. "Die Mitarbeitenden möchten auf einen Trauerfall im Umfeld der Kita vorbereitet sein", erklärt Wiggering den hohen Zuspruch.

In Kevelaer wählten Johanna Dicks und ihre Mitarbeitenden einen offensiven Umgang mit dem Thema. In einer Projektwoche wurde das Thema "Tod und Trauer" in vielen Facetten beleuchtet. "Wir haben einen Elternabend veranstaltet und mit den Gruppen den Friedhof besucht", zählt Dicks Beispiele auf. Auf dem Friedhof zeigte sich dann, dass Kinder den Tod erst einmal irgendwie spannend finden. "Die Grabsteine mit Fotos waren für die Kinder besonders interessant. Und sie wollten immer wieder wissen, wie alt die Verstorbenen geworden waren", erinnert sich Dicks.

Es ist dieser meist zwanglose Umgang der Kinder mit dem Tod und seinen Begleiterscheinungen, der auch die Eltern für das Thema öffnete. "Die große Mehrheit der Eltern fand die Projektwoche gut." Deshalb schufen Dicks und ihre Mitarbeitenden gemeinsame Angebote für Eltern und Kindern. So gab es die Möglichkeit, einen Bestatter zu besuchen oder Glaskreuze zu basteln. Abschließend gab es eine Ausstellung am Friedhof. Die dort gezeigten transparenten Bilder waren zuvor von den Kindern gestaltet worden. "Die Ausstellung war über mehrere Wochen zu sehen und wir haben dafür viel positives Feedback erhalten."

Zudem kam es ausgerechnet in der Projektwoche zu einem Trauerfall in der Familie eines der Kinder. "Die betroffenen Eltern sind sehr offen damit umgegangen und haben anderen Eltern und Kindern erlaubt, die Beerdigung zu besuchen", erzählt Dicks, die auch eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin absolviert hat. Die Besuchsmöglichkeit sei sehr hilfreich gewesen: "Wenn die Familie von der Beerdigung persönlich nicht betroffen ist, können die Eltern vieles unbefangener erklären."

Doch nicht nur die Rituale rund um einen Todesfall sind für die Kinder interessant. "Viele der Kinder hatten eine sehr genaue Vorstellung von der Seele und was mit ihr nach dem Tod passiert", sagt Dicks. Ein Mädchen war sich zum Beispiel sicher, dass die Seele zwischen den Schulterblättern zu finden sei. "Da sind bei den Engeln ja die Flügel", erklärte sie einer Erzieherin. Auf solche christliche Symbolik konnten die Kinder auch den Kaplan der hiesigen Kirchengemeinde ansprechen, der die Woche begleitete und beim Besuch auf dem Friedhof dabei war. "Wir wollten den Kindern und den Eltern zeigen, welche Ansprechpartner es gibt. Und der Pfarrer oder Kaplan vor Ort ist eben einer davon", erklärt Dicks.

Die Projektwoche hat die Arbeit der Kita zum Positiven verändert. "Im Team wird das Thema jetzt häufiger als früher angesprochen", hat Dicks eine Veränderung beobachtet. Es wird auch im Gespräch mit den Kindern öfter thematisiert. Das könne schon passieren, wenn eines der Kinder im Garten einen toten Vogel findet. Und auch die Eltern hätten seit der Projektwoche verstärkt um Rat gebeten oder sich Bilderbücher ausgeliehen, die den kindgerechten Umgang mit dem Tod in den Fokus nehmen.

Den "Masterplan" für einen Trauerfall im Kita-Umfeld gibt es in Kevelaer aber nicht. "Jedes Kind reagiert anders auf den Tod eines Angehörigen. Manche sprechen nur noch davon, bei anderen erfahren wir es erst auf Nachfrage von den Eltern", hat Dicks beobachtet. Manchmal könne es das Beste sein, alles beim Alten und die Kita eine "trauerfreie Zone" sein zu lassen. "Wenn Oma oder Opa sterben, verändert sich der gesamte Alltag Zuhause häufig schlagartig", erklärt Dicks. Wenn der Alltag in der Kita in dieser Zeit seine Struktur behalte, sei das für manche Kinder hilfreich.

(RP)
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