Weeze Ein Job für Idealisten

Weeze · Nicola Roth und Nicole Dercks sind die neuen Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinde Weeze. Für die Verwaltung ist es ein Korrektiv, für die Bürger eine wichtige Anlaufstelle. Warum diese Arbeit 2017 noch nötig ist, erklären die beiden.

 Nicole Dercks und Nicola Roth (von links) arbeiten bei der Gemeinde Weeze als Gleichstellungsbeauftragte.

Nicole Dercks und Nicola Roth (von links) arbeiten bei der Gemeinde Weeze als Gleichstellungsbeauftragte.

Foto: Seybert

Gleichstellungsbeauftragte, das ist ein ziemlich langes Wort. Bei Scrabble gäbe es dafür ganz schön viele Punkte, aber was wirklich dahinter steckt, wissen oft nur die wenigsten. Nicola Roth nickt. Sie ist seit Beginn des Jahres Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Weeze. Sie kümmert sich ab sofort um die Rechte von Frauen und Männern. Was früher Frauenbeauftragte heißt, ist Gleichstellungsbeauftragte geworden, und weder Mann noch Frau sollen einen Nachteil haben, nur weil sie sind, was sie sind. Weezes Bürgermeister Ulrich Francken sieht es "als Erweiterung des eigenen Blickfeldes bei Entscheidungen".

Bei Vorstellungsgesprächen in der Verwaltung sitzt die Gleichstellungsbeauftragte immer dabei. "Letztendlich gibt die Gleichstellungsbeauftragte eine Beratung, an der ich bei meiner Entscheidung nicht vorbei kann", sagt Francken. Bei allen wichtigen Entscheidungen wird die Gleichstellungsbeauftragte hinzugezogen, damit die Rechte von Frauen und Männern nicht übergangen werden.

Ein Beispiel: Die Verwaltung ist in Weeze neu aufgestellt worden. Statt vier gibt es dadurch nun drei Fachbereiche. "Wenn in einem Fachbereich eine Frau die Leitung hätte und wenn genau dieser Fachbereich wegfiele und diese Frau dann ihre Führungsposition nicht mehr hätte, wäre es meine Aufgabe gewesen, mich zu melden", erklärt Nicola Roth.

Ihr neues Aufgabenfeld hat sie verändert. "Ich habe vorher auch nie so in die Tiefe gedacht", sagt die 30-Jährige. "Ich höre Dinge anders, lese anders, der Blickwinkel hat sich verändert. Das ist manchmal schon ein bisschen ulkig", sagt Roth. In ihrem privaten Umfeld hat sie schon ein frotzelndes "Jetzt fang nicht schon wieder so an" kassiert. Zum Beispiel habe sie sich bei der Ansprache "Alle Sportler machen mit" gefragt, wo denn die Sportlerinnen sind, sagt sie und muss selbst schmunzeln.

"Es ist einfach unterschwellig, man muss nicht nur maskulin schreiben, sondern auch feminin", erklärt Bürgermeister Francken. Sofort den Rotstift zücken oder den Zeigefinger erheben, dass sei sicher nicht der richtige Weg, sagt Nicola Roth. "Aber es sind oft viele Kleinigkeiten, die versteckt sind, aber manchmal auch bewusst gewählt sind und Frauen diskriminieren." Viele Kleinigkeiten machten am Ende die Summe aus.

Aber nicht nur die Verwaltung profitiert vom Blick der gesetzlich vorgeschriebenen Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterin Nicole Dercks. Auch die Weezer Bürger können sich an sie wenden, wenn sie im privaten oder beruflichen Umfeld Probleme haben, die mit ihrem Frau-Sein oder auch Mann-Sein zu tun haben. "Ein Thema ist sicher Gewalt gegen Frauen", sagt Nicola Roth. Auch da ist sie die erste Ansprechpartnerin und kann weiter vermitteln. Und spätestens da wird deutlich, dass es kein Paragrafen-Job ist, sondern einer, der sehr nah am Menschen ist. Manchmal auch sehr nahe gehen kann. "Es sind Fälle, die einen mitnehmen und packen", sagt Nicola Roth. "Pauschal ist eben nichts", sagt sie über ihr neues Aufgabenfeld. "Von der Einstellung her muss man ein bisschen Idealist sein."

Sowohl sie selbst als auch ihre Stellvertreterin Nicole Dercks hätten "ehrenamtliche Wurzeln". Da sei ein guter Grund für eine gesunde Portion Idealismus gelegt, meint sie.

(RP)
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