Maria Scherf "Ernährung, so schlicht wie möglich"

Kevelaer · Maria Scherf ist Ernährungsberaterin und -therapeutin. Unter anderem an der Petrus-Canisius-Schule Weeze. Sie ist im Thema Gesundheitsförderung unterwegs. Ihre persönliche Einschätzung zum heutigen Tag edes Brotes.

 Maria Scherf ist zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Das Vollkornbrot ist für sie ein wichtiges Lebensmittel.

Maria Scherf ist zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Das Vollkornbrot ist für sie ein wichtiges Lebensmittel.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Heute ist der Tag des Brotes, aber wie gesund ist Brot wirklich?

Maria Scherf Es kommt darauf an welches. Ich halte Brot für ein sehr gutes Lebensmittel, wenn das richtige gewählt wird, das mit Vollkornmehl.

Das heißt?

Scherf In der Beratung und Therapie stelle ich immer wieder fest, dass Menschen zu mir kommen und sagen: "Aber wir essen doch Vollkornbrötchen." Ich stelle aber auch fest, dass das in der Bevölkerung nicht richtig verstanden wird. Der Verbraucher lässt sich irreführen.

Wodurch?

Scherf Nicht alles, was eine dunkle Farbe hat, ist automatisch Vollkorn, und nur weil Körner obendrauf sind, auch nicht. Wir müssen einmal das Getreide unterscheiden, aus dem Vollkornmehl gemacht wird, das sind bei uns Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste. Davon abzugrenzen sind die Saaten wie Leinsamen, Mohn, Sesam. Das sind eigentlich Ölpflanzen. Das sind Zutaten, aber nicht Grundlage für Brot. Außerdem sind die Begriffe "Bio" und "Vollwert" kein Garant für ein Vollkornbrot.

Was ist denn nun Vollkornbrot?

Scherf Vollkornbrot besteht aus Vollkornmehl. Vollkornmehl ist es dann, wenn das ganze Korn gemahlen wird, so wie es aus der Ähre fällt, wenn man es einfach ausdrücken möchte. Das, was verkauft wird, ist in der Regel das helle Auszugsmehl. Dieses Getreidekorn wird vor dem Mahlen geschält, es besteht aus mehren Schichten. Außer dem Mehlkörper bleibt eigentlich nichts übrig.

Was ist der Unterschied zwischen Vollkorn- und Auszugsmehl?

Scherf Gerade in den Randschichten sitzen die wertvollen Ballaststoffe, die ganz ganz wichtig sind für unseren Körper. Der Ballaststoffanteil beim Auszugsmehl ist deutlich geringer. Aber auch Mineralstoffe und Vitamine sind in den Randschichten.

Wie erkenne ich als Verbraucher Vollkornbrot?

Scherf Beim Bäcker immer fragen, was wirklich aus Vollkornmehl ist. Man darf nicht nach der Farbe gehen, dunkles Brot ist nicht gleich Vollkorn. Roggenmehl ist per se dunkler, und wenn Malz dem Teig zugesetzt wird, bekommt das Brot ebenfalls eine dunkle Farbe. Viele kennen das: Beim niederrheinischen Schwarzbrot sorgt ein Pott Rübenkraut für die dunkle Färbung. Das niederrheinische Schwarzbrot ist übrigens reines Roggenvollkornbrot, das ist ein richtig gutes Brot.

Muss Vollkorn immer hart sein?

Scherf (lacht) Das ist ein altes Vorurteil, das Vollkornbrote immer hart und trocken sind. Es gibt aber heutzutage auch Vollkornbrote, die sind so soft wie Toastbrot und enthalten dennoch alles Gute vom Korn.

Was ist mit selber backen als Alternative?

Scherf Natürlich, das ist auch eine gute Option, dann habe ich alles selbst in der Hand. Außerdem hat es auch etwas mit Wertschätzung zu tun, wenn ich mir Zeit nehme, um mir ein gesundes Vollkornbrot zu backen.

Was ist mit Nahrungsmittel-Unverträglichkeit? Gluten?

Scherf Ich sehe darin aktuell einen Hype, der aus Amerika zu uns herüberkommt. Manche machen sich im Internet über das Thema Nahrungsmittelunverträglichkeit schlau und lassen dann auf eigene Faust bestimmte Getreidesorten weg. Ohne vernünftige Diagnose birgt das aber Risiken.

Warum?

Scherf Wenn ein Arzt wirklich eine Unverträglichkeit feststellen soll, geht das nicht, wenn ich vorher glutenfrei gelebt habe. Das ist ohnehin ein ganz komplexes Thema. Es gibt verschieden Formen der Unverträglichkeit, nicht alle haben die typischen Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt.

Was ist mit dem Trend einer kohlenhydratfreien Ernährung?

Scherf Ich sage dazu ganz klar: Kohlenhydrate ja, aber die richtigen. Ich spreche hier nicht von den ganzen Zuckerstoffen, sondern von Stärke in Form von Vollkornbrot zum Beispiel. Ich treibe gerne Sport und mein Körper braucht Kohlenhydrate. Wenn ich einfach eine Lebensmittelgruppe aus meiner Ernährung streiche, kann es zu einer Mangelversorgung kommen.

Zum Beispiel?

Scherf Wenn ich zuviel tierisches Eiweiß in meine Ernährung packe, um Kohlenhydrate zu ersetzen, kann ich Probleme mit den Nieren bekommen. Wenn ich meinem Körper keine Ballaststoffe zuführe, kann es zu Darmproblemen führen. Nicht umsonst hält die Deutsche Gesellschaft für Ernährung an der Ernährungspyramide fest. Demnach sollen 50 bis 55 Prozent der Energiezufuhr aus Kohlenhydraten bestehen und nur 15 bis 20 Prozent aus Eiweiß.

Was halten Sie davon, abends auf Kohlenhydrate zu verzichten?

Scherf Wenn Sie diese Schlank-im-Schlaf-Geschichte meinen, die ist bei Fachleuten doch umstritten. Und es passt in unsere Kultur nicht rein. Wenn ich bei der Ernährungsberatung sage, essen sie am Abend eine gescheite Scheibe Brot und Gemüse oder Salat, statt Hühnchen mit Salat, ist das oft wie eine Erlösung für die Menschen.

Wie lautet ihre Empfehlung?

Scherf Gutes Vollkornbrot mit guter Butter, ohne Zipp und Zapp. Wir müssen dahin zurück, es so schlicht wie möglich zu halten, wieder naturbelassen zu essen. Außerdem fordert der Körper die Kohlenhydrate auch ein. Der holt sich die Kohlenhydrate ansonsten beim Schokolade essen vor dem Fernseher. Und das ist eher kontraproduktiv.

DIE FRAGEN STELLTE BIANCA MOKWA.

(bimo)
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