Weeze Finanznot bedroht Flughafen Weeze

Weeze · In zwei Jahren muss der Flughafen einen über 30 Millionen Euro schweren Kredit zurückzahlen. Das geben die Geschäftszahlen aber nicht her. Der Kreis will nicht mehr helfen. Ein Ausweg wäre die Kooperation mit Düsseldorf.

 90 Prozent der Fluggäste kommen nur wegen Ryanair nach Weeze.

90 Prozent der Fluggäste kommen nur wegen Ryanair nach Weeze.

Foto: dpa

Flughafenchef Ludger van Bebber ist nicht zu beneiden. Weeze ist zwar der drittgrößte Flughafen in NRW und arbeitet halbwegs profitabel. Wenn da nur dieser Kredit nicht wäre: 26,5 Millionen Euro lieh der Kreis Kleve dem Flughafen vor gut zehn Jahren. Weil der die Zinsen nicht zahlte, ist der Schuldenberg inzwischen auf weit über 30 Millioen Euro gestiegen. 2016 wird die Rückzahlung fällig - und in Kleve rechnet niemand damit, dass der Flughafen das Geld bis dahin zusammen hat.

Dienstag stellten die im Klever Kreistag maßgebenden Parteien CDU und FDP klar: So geht es nicht weiter. Nach dem Auslaufen des Kredits werde es "keine Vereinbarung mehr geben, die zu einer weiteren Erhöhung der Kredite führen würde", hielten die Fraktionschefs Ulrike Ulrich (CDU) und Ralf Klapdor (FDP) in einem zweiseitigen Papier fest. "Es wird keine finanzielle Unterstützung des Kreises für den Betrieb des Flughafens Weeze geben". Weshalb die jährlichen gut zwei Millionen Passagiere und 1100 Mitarbeiter des Flughafens jetzt fragen: Steht Weeze vor dem Aus?

Der Flughafen hat 2012 einen Jahresüberschuss von 312.000 Euro erwirtschaftet und 2011 knapp 370.000 Euro. Für das vergangene Jahr liegen noch keine Zahlen vor. Dass diese dünne Ertragslage die fällige Rückzahlung des Kredites in gut zwei Jahren ermöglicht, ist ausgeschlossen. "Wir haben ja noch andere Möglichkeiten", versucht van Bebber zu beruhigen, "wir könnten zum Beispiel umschulden." Aber selbst wenn der Flughafen 2016 einen neuen Kreditgeber findet: Dass der neue Geldgeber ebenso kulant wie der Kreis auf Zinszahlungen verzichtet, ist sehr unwahrscheinlich - immerhin geht es um rund 800.000 Euro pro Jahr. Möglich wäre auch ein Verkauf von Anteilen: Als Gegenleistung für den Zinsverzicht hat der Kreis schon ein paar übernommen - aktuell hält er gut vier Prozent. "Wollen wir aber gar nicht", sagt Klapdor, "wir sind Politiker und keine Unternehmer. Das war nur ein Entgegenkommen."

Der Hamburger Luftfahrt-Experte Heinrich Großbongardt kennt Weeze gut. "Um für neue Investoren interessant zu sein, müsste Weeze sich erst einmal komplett neu aufstellen", sagt er und verweist auf die einseitige Abhängigkeit Weezes von Ryanair: 90 Prozent der Fluggäste kommen nur wegen des irischen Billigfliegers, der dort sechs Maschinen stationiert hat. "Damit ist Weeze extrem erpressbar", sagt Großbongardt, "das ist für Investoren uninteressant - und für private Kreditgeber auch."

Auf die Frage, welche Zukunft der Flughafen noch hat, sagt Großbongardt: "Keine. Es sei denn, er kann sich als dritte Startbahn für Düsseldorf etablieren." Ohne ihn zu kennen, plädiert Großbongardt damit für denselben Vorschlag, den gestern auch die Klever Kreispolitiker Ulrich und Klapdor formuliert haben: Der Düsseldorfer Flughafen will beim Verkehrsministerium mehr Kapazitäten genehmigt bekommen - die Anwohner laufen dagegen Sturm. "Warum sich in Düsseldorf mit den Anwohnern anlegen, wenn Weeze den zusätzlichen Bedarf an Flughafenkapazitäten doch übernehmen kann?", fragt Ulrich. Im Düsseldorfer Landtag findet man diese Idee gar nicht so abwegig. "Das sollten wir prüfen", sagt CDU-Verkehrsexperte Klaus Voussem, "allerdings muss Weeze dafür erstmal ein Konzept inklusive Zahlen vorlegen." Grünen-Verkehrsexperte Arndt Klocke: "Ein sehr interessanter Vorschlag, der unbedingt im Rahmen des angekündigten Luftverkehrskonzeptes auf Landesebene diskutiert werden muss."

Erfahrungswerte für ein solches Modell liegen unter Umständen schon bald vor. Die Niederlande haben soeben ein nationales Luftverkehrskonzept verabschiedet, bei dem das Großdrehkreuz Schiphol Flugverkehr an den 60 Kilometer entfernten Regionalflughafen Lelystad abgeben soll. Schiphol ist ähnlich wie Düsseldorf überlastet und Lelystad ist ähnlich weit von Schiphol entfernt wie Weeze von Düsseldorf. Flughafen-Chef Ludger van Bebber: "Die Idee ist natürlich gut." Weeze könne die Aufgabe als dritte Start- und Landebahn für Düsseldorf "bei Bedarf und ohne zusätzliche Investitionen aus dem Stand erfüllen", sagt van Bebber. Der Flughafen habe Kapazitäten für drei Millionen Passagiere und könne "mit wenigen Terminalerweiterungen auch das Doppelte abwickeln". Den Düsseldorfer Flughafen haben 2013 über 20 Millionen Passagiere genutzt.

(RP)
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