Kevelaer Flüchtlinge: Kirchen bereit zur Hilfe

Kevelaer · Die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland steigt. Nicht alle erhalten permanentes Bleiberecht. Kirchen gewähren in Einzelfällen Asyl - obwohl das rechtlich strittig ist. Auch in Kevelaer und Weeze würde niemand einfach abgewiesen.

 Im Kreis Kleve ist derzeit keine Kirche bekannt, die Flüchtlinge unterbringt. Dennoch würden keine Flüchtlinge abgewiesen, betonen Pfarrer und Gemeinderatsmitglieder aus Weeze und Kevelaer.

Im Kreis Kleve ist derzeit keine Kirche bekannt, die Flüchtlinge unterbringt. Dennoch würden keine Flüchtlinge abgewiesen, betonen Pfarrer und Gemeinderatsmitglieder aus Weeze und Kevelaer.

Foto: Gerhard Seybert

Kurz vor knapp sei es gewesen, damals vor inzwischen 17 Jahren. Margret Lörcks erinnert sich. Der Asylantrag eines Flüchtlings aus Nigeria war abgelehnt worden, seine Abschiebung angedroht. Lörcks, Gemeindemitglied in St. Antonius Kevelaer, hatte mit dem Mann bis dato nichts zu tun gehabt, aber als er sich hilfesuchend an sie wandte, wies sie ihn nicht ab. Mehr noch: Die Kevelaererin nahm ihn bei sich zu Hause auf und stellte ein Hilfegesuch beim Pfarrgemeinderat. Ihr Engagement und das vieler weiterer kirchlicher Helfer wurde belohnt. Der Nigerianer durfte bleiben. Noch heute wohnt er in Kevelaer.

Die weltweit stark gestiegenen Zahlen von Flüchtlingen haben in Deutschland eine Debatte um das Kirchenasyl ausgelöst. Während es in den 80er und 90er Jahren eine Reihe von Fällen gegeben hat, in denen Kirchen Flüchtlingen Asyl gewährt haben, ist es in den vergangenen Jahren eher ruhig geblieben. Das hat sich geändert. Alleine in Nordrhein-Westfalen bieten laut Aussage des Ökumenischen Netzwerk Asyl in der Kirche NRW, der organisatorische Zusammenschluss der Kirchenasylbewegung in Deutschland, derzeit 22 Gemeinden insgesamt 26 Personen in Kirchen oder Gemeinderäumen Unterschlupf. Sie verstoßen damit gegen staatliches Recht, aber auch die Gemeinden in Kevelaer und Weeze würden Hilfesuchende nicht einfach abweisen.

Im Kreis Kleve ist keine Kirche bekannt, die Flüchtlingen Unterschlupf gewährt. Das sei bei ihnen bislang noch nicht mal Thema gewesen, berichtet Andreas Poorten, Pfarrer in der Gemeinde St. Antonius Kevelaer. "Man müsste im Einzelfall genau drüberschauen", sagt er. Eine Unterbringung in der Kirche sei nicht möglich. "Die wird immer genutzt." Denkbar wären andere Häuser der Gemeinde. "Mehr als einen warmen Raum und eine Toilette könnten wir aber nicht anbieten", sagt Poorten.

Pfarrer Klaus Martin Niesmann von der Gemeinde St. Cyriakus Weeze ist "sehr froh, dass wir das Kirchenasyl haben". Diese langjährige Tradition sei die letzte Möglichkeit des Beistands. "Ich bin überzeugt, dass wir und die Gremien schützen würden und werden", sagt der Pfarrer. Oftmals sind die Asylverfahren der Schutzsuchenden abgeschlossen und negativ entschieden. Dennoch verzeichnet das Kirchenasyl Erfolge. In 90 Prozent der Fälle, sagt Niesmann, sei den Flüchtlingen geholfen worden, und sie hätten einen rechtlich abgesicherten Status in Deutschland bekommen. "Das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Sache gut ist", meint Niesmann.

Die St.-Marien-Gemeinde in Kevelaer beteiligt sich am Runden Tisch zum Thema Flüchtlingsarbeit. Bei einer Kleiderbörse seien unzählige Spenden zusammengekommen. "Das war ein Zeichen der Kevelaerer", sagt Pfarrer Rolf Lohmann: "Wir stehen auf der Seite dieser Menschen."

Sollten irgendwann Flüchtlinge auf der Suche nach Schutz vor der Kirchentür auftauchen, sagt Lohmann, würde er mit Experten besprechen wollen, wie den Menschen geholfen werden kann, und "gemeinsam überlegen, was das Richtige ist". Fest stehe für ihn aber: "Wenn jemand ganz in Not geraten ist, muss man für die Leute da sein", erklärt der Pfarrer.

Der nigerianische Flüchtling lebte über ein Jahr bei Margret Lörcks und ihrer Familie. Zu Behördengängen begleiteten ihn immer zwei Unterstützer. Helfer waren beim Abschiebeverfahren in Düsseldorf dabei und wandten sich mit Gesuchen an die Kreisverwaltung. Direktes Kirchenasyl sei das zwar nicht gewesen, betont Lörcks, die jahrelang ehrenamtlich im Seelsorgerat tätig war, aber in einem Gottesdienst hatte sich der politisch Verfolgte offiziell der Gemeinde vorgestellt. "Die Mitglieder haben dahinter gestanden", sagt Lörcks. Sie ist sich sicher: "Im Notfall hätten wir ihn in der Kirche untergebracht."

Diakon Helmut Leurs war dabei, als die Gemeinde 1998 für den nigerianischen Flüchtling kämpfte. "Ich bin überzeugt, in seiner Heimat wäre er verschwunden. Es war richtig, was wir für ihn getan haben", sagt er. "Das glaube ich noch immer."

(RP)
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