Kevelaer Gegen die Schlafkrankheit der Seele
In ihrer sehr bewegenden Ansprache berichtete Elke Kleuren Schryvers, dass sie bei der Ehrung ein Gefühl von großer Dankbarkeit und Freude empfinde, weil der Orden von Papst Franziskus verliehen wurde. In den Mittelpunkt ihrer Rede stellte sie die Schlafkrankheit. Diese schleichende Erkrankung, die sich nahezu unbemerkt ausbreite, habe Albert Schweitzer auf die Seele übertragen: "Bei der Schlafkrankheit der Seele besteht die Hauptgefahr, dass man sie ebenfalls nicht kommen fühlt. ,Wenn ihr die geringste Gleichgültigkeit an Euch merkt oder gewahr werdet, wie in Euch der Ernst, die Sehnsucht, die Begeisterungsfähigkeit abnimmt, dann müsst ihr wissen, dass die Schlafkrankheit der Seele im Anzug ist', so Albert Schweitzer.
Gesellschaft, Kirche, Politik, jeder Einzelne von uns - keiner ist immun gegen diese Gefahr. Jeder kann mit der Schlafkrankheit der Seele bereits infiziert sein. Fragen wir uns selbst - haben wir Symptome, die auf diese Schlafkrankheit der Seele hinweisen? Bequemlichkeit, Lethargie, Gleichgültigkeit, Rückversicherungsmentalität, sich in Sicherheit wiegen, das stets viel bessere ,Früher' propagieren. Die ewig gleiche Frage nach dem Zuständigen, die Angst vor der Verantwortung, die fehlende Leidenschaft und Begeisterung, bestimmte Dinge umzusetzen, auf den Weg zu bringen. Das permanente Gefühl von ,egal'. (...) Diese ,Schlafkrankheit der Seele' ist momentan ziemlich infektiös, so entsteht zunehmend der Eindruck.
Navid Kermani, der Philosoph und Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, hält dem entgegen: ,Das Mitgefühl ist der natürliche, menschliche Impuls. Nicht die Gnadenlosigkeit.' Nicht die Gleichgültigkeit, von der Papst Franziskus ja schon als globalisierte Gleichgültigkeit spricht. Wir selbst sind von diesen Symptomen der Schlafkrankheit betroffen. Unsere Egozentrik, unser Individualismus, unsere Konsumneigung, unser Fitness-, Wellness- Body- und Vitalitätskult hat primär uns selbst im Fokus", warnte Kleuren-Schryvers.
