Weeze Hochsaison für Lebensretter der DLRG

Weeze · Für die meisten Mitglieder ist die DLRG in Weeze Schwimmverein und Freizeitvergnügen. Ihre Rettungsschwimmer und Taucher haben jedoch sehr ernste Aufgaben. Sie retten Leben und sind im Katastrophenschutz tätig.

 Hanns Evers am DLRG-Übungssee am Kieswerk der Autobahnauffahrt: Er engagiert sich seit 40 Jahren in Weeze und auf Kreisebene.

Hanns Evers am DLRG-Übungssee am Kieswerk der Autobahnauffahrt: Er engagiert sich seit 40 Jahren in Weeze und auf Kreisebene.

Foto: Thomas Binn

Daran denken die wenigsten, die sich bei heißem Wetter auf der Suche nach Erfrischung in die Fluten stürzen: Jedes Gewässer birgt auch Gefahren. Immer wieder verlieren auch in unserer Region Menschen beim Schwimmen ihr Leben. Hanns Evers ist einer, der als Weezer DLRG-Taucher die allermeisten tödlichen Badeunfälle miterlebt hat. 17 oder 18 mal - er hat aufgehört zu zählen - kam der Einsatzleiter mit seinen Kameraden dazu, wenn ein Mensch im Wasser vermisst wurde. Nur selten gelingt es, einen Ertrunkenen rechtzeitig aus dem Wasser zu holen und ihn wiederzubeleben. Allzu oft wartet auf sie die Leichenbergung, wenn die Taucher angefordert werden. Weil Menschen sich überschätzen, grundlegende Vorsichtsregeln missachten, schlechte Schwimmer sind. In dieser Saison gab es bereits zwei Tote: Vor einer Woche im Eyller See und einige Wochen vorher in einem Reeser Baggersee. Hanns Evers war in beiden Fällen dabei.

"Im Kreis Kleve ist die DLRG die einzige Organisation, die eine Tauchergruppe hat", berichtet er der Rheinischen Post. Weder die Polizei noch die Feuerwehr verfügt über solche Fachleute, und auch das Technische Hilfswerk hat seine Tauchergruppe irgendwann aufgelöst. "Das hat zur Folge, dass wir Weezer von Emmerich-Elten bis Rheurdt-Schaephuysen alleine zuständig sind", sagt Evers. Und jeder Niederrheiner weiß, wie viele Baggerseen es in der Region gibt. "Wir sind aber auch für den Rhein und die Niers zuständig", sagt er. Selbst das beschauliche Niederrhein-Flüsschen kann für Nichtschwimmer zur tödlichen Falle werden. Vor vielen Jahren mussten die Taucher bei Kevelaer mal ein Kind bergen, Evers denkt nicht gerne daran. Noch nicht lange ist es her, dass ein Kleinkind von einem Binnenschiff auf dem Rhein stürzte und nicht mehr gerettet werden konnte. "So etwas geht schon sehr ans Gemüt. Um damit klarzukommen, nehmen wir auch psychologische Hilfe in Anspruch. Zum Beispiel von Winne Stelzer aus Kevelaer, der Diplom-Psychologe und selbst Rettungsschwimmer ist." Denn nicht nur die Angehörigen von Ertrunkenen brauchen Hilfe durch Notfallseelsorger; auch die Helfer haben an dem, was sie erleben, oft lange zu kauen. "Deshalb haben wir den Umgang mit Stress und Angst auch in unser Schulungsprogramm aufgenommen."

Was die Taucher psychisch fordere, sei dabei weniger der Anblick der Toten. "Die meisten sehen aus, als wenn sie schliefen. Meist geschieht die Bergung ja schnell, nur wenige werden erst nach Tagen oder Wochen gefunden. Was viel schlimmer ist, ist das Suchen selbst. In tiefen Baggerseen ist es oft völlig finster. Selbst mit Lampe sehen Sie nur wenige Zentimeter weit. Sie schwimmen unter Wasser, wissen nicht, ob der Gesuchte über ihnen treibt oder am Boden liegt, Sie können nicht abschätzen, ob Sie einen Arm oder einen Ast zu packen kriegen, ob es sich um Haare oder ein Grasbüschel handelt. Da packt Sie eine natürliche Angst vor dem Tod, die jeder von uns hat."

Warum es zu Todesfällen beim Badeausflug kommt - dafür gibt es viele Gründe. "Der 20-Jährige, der in Rees ertrunken ist, war auf einer Luftmatratze unterwegs. Als sie umschlug, dauerte es zu lange, bis andere Schwimmer an der Stelle ankamen - da war der Mann schon untergegangen." Dann gibt es Ältere, die ihre Kraft falsch einschätzen, oder Kinder, die noch längst nicht so sicher schwimmen, wie sie glauben. Evers hat schon einen Angler aus einem verhedderten Seil herausgeschnitten, mit dem er eine Boje am Grund des Sees befestigen wollte. Und mehrere Menschen, die ihrem Leben bewusst ein Ende setzten. Ohne daran zu denken, welche Last sie damit anderen aufbürden.

Die Weezer Lebensretter trainieren im Winter im Kevelaerer Hallenbad und während der Sommermonate in Baggerseen. Im "Höster Feld" haben sie seit einigen Jahren ein eigenes Übungsgewässer. Irgendwann, hoffen sie, wird es vielleicht nicht mehr nötig, sein, den Nachwuchs zum Training nach Kevelaer zu fahren, weil dann vielleicht wieder ein eigenes Schwimmbad zur Verfügung steht. Oder zumindest ein (bestens bewachter) Strandabschnitt an einem See. Denn guter und damit sicherer Schwimmer wird nur, wer genügend üben kann.

(RP)
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