Kevelaer Keine Hilfe für den kleinen Niam

Kevelaer · Familie Stacha hat einen Integrationshelfer für ihr behindertes Kind beantragt. Der soll den Dreijährigen im Kindergarten individuell betreuen. Doch der Antrag wurde abgelehnt. Jetzt werden Unterschriften gesammelt.

 Niam (Mitte) braucht eigentlich eine ständige individuelle Betreuung. Allerdings ist die in seinem Kindergarten nicht zu leisten.

Niam (Mitte) braucht eigentlich eine ständige individuelle Betreuung. Allerdings ist die in seinem Kindergarten nicht zu leisten.

Foto: Gottfried Evers

Niam ist ein freundliches Kind. Er lacht gerne, hat Spaß daran, mit seinem Bruder oder den anderen Geschwistern zu spielen. Doch Niam kann nicht sprechen. Ob er hören kann, wissen seine Eltern noch nicht. Niam hat das Down-Syndrom und leidet zudem an weiteren Erkrankungen. Gerade erst hat der Medizinische Dienst die Pflegestufe für den Jungen von Stufe eins auf Stufe zwei angehoben.

Um ihren Sohn zu fördern und in der Umgebung mit anderen Kindern aufwachsen zu lassen, haben seine Eltern ihn im Kindergarten angemeldet. Seit dem 1. August besucht der Dreijährige die evangelische Integrative Kindertagesstätte in Goch. Der Junge braucht eigentlich eine ständige individuelle Betreuung. Die ist allerdings im Kindergarten mit dem dortigen Personalbestand gar nicht zu leisten. Daher hatte das Ehepaar Stacha bereits im April einen Antrag für einen Integrationshelfer gestellt. Für eine Person also, die sich im Kindergarten ausschließlich um Niam kümmert. Doch auf solche Hilfe wartet die Familie noch immer.

Der Kreis Kleve lehnte den Antrag ab. Hintergrund ist ausgerechnt der Hinweis auf das Inklusionsgesetz. Danach gäbe es jetzt keine Einzelförderung mehr, sondern nur noch eine Pauschale. Die beträgt 5000 Euro pro Kind im Jahr. Das wären rein rechnerisch gerade einmal 0,78 Personalstunden pro Woche. Die Eltern verstanden die Welt nicht mehr und legten Widerspruch ein. Bislang warten sie noch auf eine Antwort des Kreises.

Unterstützung bekommt die Familie in dieser Sache auch von Kindergarten-Leiterin Esther Müller. "Es geht hier nicht um einen Einzelfall, das ist ein grundsätzliches Problem", sagt die Pädagogin. In ihrer Einrichtung wartet auch ein anderes Kind bislang vergeblich auf einen Integrationshelfer, zudem wurde bei einem anderen Kind mit Behinderung die Zeit für die Integrationshelfer gekürzt. Er darf nur noch bis Januar kommen, eigentlich sollte er das Kind bis zur Schulzeit betreuen.

"Bei unserer Personalstärke ist es gar nicht möglich, uns ganz individuell nur um einzelne Kinder zu kümmern", sagt Esther Müller. Niam hat eigentlich einen vollen Kindergartenplatz, seine Eltern haben aber vereinbart, dass er nur zwei Stunden am Tag kommt, weil durch ihn immer eine komplette Kraft gebunden ist. "Wenn jemand im Kindergarten-Team krank ist, lassen wir Niam auch schon mal zuhause", berichtet Nicole Stacha. Für Esther Müller ist die Situation paradox. "Streng genommen müssten wir Eltern von solchen Kindern sagen, dass wir ihr Kind nicht aufnehmen können. Doch gleichzeitig haben die Kinder einen Rechtsanspruch auf diesen Platz." Das Vorgehen sei völlig unverständlich, da gerade die Förderung im Kindesalter so wichtig und entscheidend für die weitere Entwicklung sei.

Hier sei dringend eine Änderung nötig. Eine Familie hat bereits einen Anwalt eingeschaltet. Dieser argumentiert, dass ein Integrationshelfer die eigentliche Arbeit des Personals in der Kindertageseinrichtung absichere und damit die Rahmenbedingungen schaffe, "den erfolgreichen Besuch der Einrichtung erst zu ermöglichen".

Auch Familie Stacha spielt mit dem Gedanken, sich Rechtsbeistand zu holen. Im Kindergarten gibt es eine breite Unterstützung. Es werden Unterschriften gesammelt, um damit bei den Behörden auf das Problem aufmerksam zu machen. Gefordert wird mit den Unterschriften ein Integrationshelfer für Niam. Im Kern geht es allerdings um grundsätzliche Hilfe für Eltern und Kinder in gleicher Situation.

(RP)
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