Kevelaer Kinder sind groß beim Buchdrucken

Kevelaer · Im St.-Marien-Kindergarten entwarf der Nachwuchs sein eigenes Kunst- und Leseprodukt. Am Anfang stand die Frage, wie die Buchstaben ins Buch kommen. Konrad Stüven aus Goch gab Antwort.

 Lino Brammen, Künstler Konrad Stüven, Lilli Schildgen und Emily Fleischer (v. l.) bedrucken an der Maschine jedes einzelne Blatt in Handarbeit.

Lino Brammen, Künstler Konrad Stüven, Lilli Schildgen und Emily Fleischer (v. l.) bedrucken an der Maschine jedes einzelne Blatt in Handarbeit.

Foto: Thomas Binn

Wer kann schon von sich behaupten, mit fünf Jahren ein eigenes Buch aufgelegt zu haben? Die Entlasskinder vom St.-Marien-Kindergarten Kevelaer schon. Die wollten nämlich wissen, wie die Buchstaben ins Buch kommen und gingen der Sache auf den Grund. Vier Wochen lang bastelten sie unter der Anleitung vom Gocher Konrad Stüven am Endprodukt.

Das ist fast vierzig Seiten stark und enthält eigene Drucke und Texte der Kinder. Bis es soweit war, mussten die Seiten erst einmal gefüllt werden. In einem Raum des Kindergartens war die Druckerwerkstatt untergebracht. Immer mittwochs wurde dort gearbeitet. Damit alle 18 Entlasskinder zum Zuge kamen, wurde in Mannschaften gearbeitet. Dabei lernten die Kinder, dass Buchdruck im Team am besten funktioniert. Wie zum Beweis schob die fünfjährige Emily die Ärmel hoch und zeigte ihre sauberen Hände. Ihr Job war es, die weiß-gelben, noch leeren Blätter in die Druckmaschine zu legen. Lilli hingegen durfte sich die Finger dreckig machen, beim Versuch die Druckplatte nach getaner Arbeit aus der Maschine zu entfernen, blieb immer etwas Farbe hängen. Nadine wiederum brachte die fertigen Druckerzeugnisse zum Trocknen weg. Und Lino? Als einziger Junge in der Gruppe durfte er die Arbeit erledigen, die die meiste Muskelkraft erforderte. Er drehte das große Rad, damit der Vorgang des Druckens überhaupt stattfand. "Die Vierer-Mannschaft funktioniert tadellos", sagte Künstler und Anleiter Stüven begeistert. Die Kinder hätten sofort verstanden, dass eine gewisse Sorgfalt nötig ist, damit am Ende ein schönes Produkt herauskommt.

Die Druckplatten hatten die Kinder im übrigen auch selbst gestaltet. Mit ausgedienten Kugelschreibern haben "die Schulflitzer", wie sie sich selber nennen, Motive in die Weichholzplatten geritzt. Rote und grüne Farbe sorgten für den bunten Druck. Gelb gab es auch. Die wurde für den Materialdruck verwendet. Material bedeutet, die Kinder sind nach druckbarem Dingen auf die Suche gegangen, etwa Blätter von Pflanzen. "Das ist ein Individualdruck. Das konnten wir nur einmal drucken, dann waren die hin", erklärte Stüven den Unterschied zu den geritzten Holzdruckplatten. Aber in den Büchern sind die zarten Blätter der Bäume verewigt.

Bevor die Kinder ihre eigens angefertigten Exemplare entgegen nehmen konnten, machten sie sich als Experten einen Namen. Sie erklärten Stüven noch einmal ganz genau, was ein Buchdeckel und ein Buchrücken ist. Der zeigte im Gegenzug Schritt für Schritt, wie mit Hilfe von Gewebestreifen, Leim und einem roten Streifen ein komplettes Buch entsteht. Das erste Exemplar bekam Kindergartenleiterin Maria van Meegen. "Für dich, damit du auch eins hast", kommentierte ein Junge im grünen Pulli gönnerhaft. Als nächstes durfte endlich Lino, der so fleißig das Rad an der Druckmaschine gedreht hat, sein ganz persönliches Buch entgegennehmen. Auch die Drucke seiner Kindergartenkollegen sind darin enthalten. Ein "Handbaum" ist auf einer der Seiten, eine Mäusefamilie auf einer anderen zu sehen. Besonders beliebt sind Schmetterlinge als Motiv. Dafür hatte sich auch Lino entschieden. Personalisiert wird das Buch durch den selbst gemalten Einband und die Textseite. Auf der sind bei Lino Mama, Papa und Schwester Luna in Schrift verewigt. "Und da habe ich noch Minus gerechnet", erklärte der Fünfjährige und zeigte auf eine lange Zahlenreihe. Die Begeisterung war so groß, dass die Kinder sich ihr Buch gleich mehrmals hintereinander anschauten und dabei auch die Drucke der anderen Kinder wiederentdeckten. "Wow, können das so viele Bilder sein?", fragte Lino erstaunt.

Künstler und in dem Fall auch Drucker Küver sprach von einem nachhaltigen Produkt. Denn das landet garantiert nicht im Altpapier.

(bimo)
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