Kevelaer Lebensmotto: Mach jeden Tag zum Fest

Kevelaer · Wie war das Leben vor über einem halben Jahrhundert? Drei Schulkameradinnen, die alle 1923 geboren wurden, erinnern sich bei ihrem Treffen. Sie erzählen nicht nur aus ihrem Leben, sondern geben auch manche Weisheit weiter.

Kevelaer: Lebensmotto: Mach jeden Tag zum Fest
Foto: Seybert Gerhard

"Wir waren früher alle in der Antonius-Schule am Markt. Dort, wo jetzt das Rathaus steht", erklärte Hanni Valks. Sie traf sich am Mittwochvormittag mit ihren ehemaligen Klassenkameradinnen Gusti Bleesing, geborene Schrievers, und Elisabeth Holtmann im Antik Café. "Wir sind die letzten drei aus dem Jahrgang, die noch in Kevelaer leben", so Valks. "Aber keine Sorge, es gibt auch noch andere Überlebende." 1973 gab es das erste Klassentreffen des gesamten Jahrganges und Gusti, Hanni und Elisabeth treffen sich ebenfalls seit langer Zeit, um so weiterhin Kontakt zu halten und sich auszutauschen.

Bei Kaffee und Brötchen nahmen sich die Damen die Zeit und erzählten in entspannter Runde aus ihrer Vergangenheit: "Früher war es ganz anders, da hatte die Lehrer noch Lineale als Stöcke benutzt und damit gab es etwas auf die Hände", meinte Gusti Bleesing. "Und morgens fing um acht Uhr die Schule an, aber um sieben hatten wir davor immer Messe." Elisabeth Holtmann fügte hinzu, "dass wir natürlich auch getrennten Unterricht hatten, und auch bei der Pause durften wir auf dem Spielplatz nicht über die Grenze zu den Jungs gehen. Hosen tragen ging natürlich auch nicht, wir hatten alle Röcke."

Die drei Frauen sind im Jahr 1923 geboren worden, und auch wenn sie nicht gerne darüber reden, erinnern sie sich natürlich noch an die "Kriegsjahre und die Nachkriegsjahre. Was für eine verlorene Zeit voller verlorener Jugend", sagte die ehemalige Kontoristin Gusti Bleesing. Sie arbeitete über die Jahre auch als Buchhalterin und Sekretärin und hielt sich mit verschiedenen Kursen, Englischunterricht sowie Aquarellmalerei fit. Elisabeth Holtmann hatte medizinisch-technische Assistentin gelernt und während des Krieges im Lazarett gearbeitet, das im Hotel "Goldener Apfel" eingerichtet war. Nach dieser Zeit wechselte sie zur Post und blieb dort bis zu ihrer Pensionierung. Sie verriet, "dass ich immer das Rätselraten und vor allem das Lesen mochte, aber das geht heute leider nicht mehr - wie das Reisen, das habe ich auch immer sehr gerne gemacht". Die Dritte im Bunde, Hanni Valks, deren Vater der letzte Bierbrauer in Kevelaer war, hatte auf der Busmannstraße die Gaststätte "Zur Brauerei" geführt und engagiert sich seit vielen Jahren für die Caritas.

Was waren die liebsten Lebensjahre der charmanten Damen? "Zwischen 50 und 60", so Gusti Bleesing. "Da ist man sorgenfrei. Man konnte da auch so viel mehr machen als früher." Im Gegensatz zur aktuellen Generation "waren wir damals in unseren jungen Jahren schon ziemlich hinter dem Mond, was das Wissen über die Welt anging", meinte Elisabeth Holtmann selbstkritisch. "Ansonsten interessiert mich gerade, was noch so alles auf mich zukommt und was Gott mit mir vorhat. Und jetzt verstehe ich, dass die Kinder von heute erst ein gewisses Alter erreichen müssen, bevor sie so Alte wie uns verstehen ..."

Gibt es auch Sachen, die den drei Frauen heute nicht gefallen? "Ja, da gibt es so einige", verriet Bleesing schmunzelnd. "Die Welt ist beschissen, aber früher war es auch nicht besser. Richtige Gerechtigkeit hat es damals nicht gegeben, und die gibt es heute nicht." Es gelte immer noch: Hauptsache man ist gesund, verliert den Humor nicht und macht das Beste aus seinem Leben. "Lebe! Liebe! Lache! Mach jeden Tag zu einem Fest! Die Welt wird schon nicht untergehen." Dann schob Bleesing noch einige nachdenkliche Worte hinterher. Die jungen Leute sollten sich um einen Beruf kümmern, damit sie im Alter davon leben können. Und auf die Umwelt sollten sie aufpassen. "Erst kürzlich habe ich gelesen, dass der meiste Müll aus den Haushalten käme, und darauf hat jeder Einfluss." Und Holtmann ergänzte: "Wichtig ist vor allem, dass sich alle vertragen und dass sie den Frieden wahren. Das ist die Hauptsache und dann kommt der Rest."

(cnk)
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