Kevelaer Menschenknochen in Uedem gefunden

Kevelaer · Bei Bauarbeiten an der Tönisstraße hat ein 48 Jahre alter Baggerfahrer aus Kranenburg Skelett-Teile gefunden. Wahrscheinlich handelt es sich um die Überreste eines uralten Pestfriedhofes.

 Die Hallen der Schuhfabrik Kisters an der Tönisstraße in Uedem wurden im Dezember 2016 abgerissen, dadurch bekam das ehemalige Bürogebäude plötzlich eine Außenmauer. Diese sollten nun bei Bauarbeiten abgedichtet werden. Dabei grub der Baggerfahrer menschliche Skelett-Teile aus.

Die Hallen der Schuhfabrik Kisters an der Tönisstraße in Uedem wurden im Dezember 2016 abgerissen, dadurch bekam das ehemalige Bürogebäude plötzlich eine Außenmauer. Diese sollten nun bei Bauarbeiten abgedichtet werden. Dabei grub der Baggerfahrer menschliche Skelett-Teile aus.

Foto: Evers

Ursula und Ernst Kisters waren nicht überrascht, als ein Bauarbeiter sie darüber informierte, dass er wenige Minuten zuvor menschliche Skelett-Teile ausgebaggert hatte. Ein Oberschenkel und Teile eines Schädels, wie Polizeisprecher Michael Ermers auf Anfrage unserer Redaktion berichtet. "Gefunden unter einer Betonplatte am 30. März um 14.55 Uhr an der Tönisstraße in Uedem von einem 48 Jahre alten Baggerfahrer aus Kranenburg."

"Für uns ist das nichts Neues, hier hat man schon öfters Knochen gefunden. Hier soll schließlich ein Pestfriedhof aus dem 16. Jahrhundert gelegen haben", sagt Eigentümer Ernst Kisters, 79 Jahre alt. Das erste Mal beim Bau der Fabrik 1939 und das letzte Mal, als dort die Kanalisation erneuert wurde. "Das ist bestimmt auch schon 50 Jahre her", grenzt Michael Lehmann vom Uedemer Heimat- und Verkehrsverein ein. Und nun noch einmal am Donnerstag.

"Wir haben uns nichts dabei gedacht", sagt Kisters. Ein Bürger sah das anscheinend anders und informierte die Polizei. "Die Sache liegt jetzt bei der Kripo, ersten Erkenntnissen zufolge handelt es sich aber höchstwahrscheinlich um Knochenteile vom besagten Pestfriedhof. Gewissheit werden die Untersuchungen bringen", sagt Polizeisprecher Ermers. Lehmann hingegen ist sich eigentlich sicher, dass es sich dabei um 400 Jahre alte Knochen handeln muss. Er hofft, dass diese nun auch datiert werden.

Die Fabrik ist übrigens die ehemalige Schuhfabrik Kisters - 1939 von Josef Kramps erbaut. "Das war mein Großvater", sagt Ernst Kisters, der wiederum von seinem Vater, der ebenfalls Ernst hieß, den Betrieb übernahm. In Hochzeiten arbeiteten dort 90 Schuhmacher. Das war üblich für die Schusterstadt Uedem. Denn dort gab es im 19. und 20. Jahrhundert insgesamt zehn Schuhfabriken, in denen bis zu 500 Leute arbeiteten.

Das Areal der Schuhfabrik Kisters ist dabei ein besonderes. Außerhalb der Stadtmauern standen dort nach den Recherchen des Heimat- und Verkehrsvereins im 16. und 17. Jahrhundert ein Pflegehaus und die Antoniuskapelle. "Jede Stadt musste damals ein Haus für Aussätzige vorhalten, in dem die Lepra-Kranken untergebracht wurden. In Uedem stand dieses Haus für Aussätzige an der heutigen Tönisstraße", berichtet Lehmann.

Er schätzt, dass es in der Zeit nicht mehr als 20 Menschen waren, die dort auf ihren "schwarzen Tod", wie die Pest damals allgemein genannt wurde, warteten.

Aus dem Pestfriedhof wurde Ende der 30er Jahre die Schuhfabrik. 1980 stellte Kisters den Betrieb wieder ein. "Wir waren nicht die ersten, aber auch nicht die letzten, die geschlossen haben. Damals gab es für die deutsche Schuhindustrie einfach keine Zukunft mehr", sagt Kisters.

Jetzt möchten er und sein Sohn auf dem Gelände in der Nähe des Uedemer Sportplatzes drei Mehrfamilienhäuser errichten. Also erfolgte im Dezember vergangenen Jahres der Abriss der Hallen. "Bis auf das ehemalige Bürogebäude, in dem heute Wohnungen untergebracht sind, ist nichts mehr von der Schuhfabrik übrig", sagt Kisters.

(RP)
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