Kevelaer Michal Kocot beschließt die diesjährigen Kevelaerer Orgeltage

Kevelaer · Der Pole gastierte an der Seifert-Orgel in der Basilika. Geboten wurde den Zuhörern ein stilistisch vielfältiges und abwechslungsreiches Repertoire.

Zum Abschluss der Internationalen Orgeltage in der Marienbasilika gastierte der polnische Organist Michal Kocot an der Seifert-Orgel. Kocot, der zunächst in Breslau und Krakau die Musikschule und Hochschule absolvierte, in Stuttgart die Fächer Orgel und Cembalo belegte, um derzeit sein Doktorandenstudium in Krakau und Kattowitz fortzusetzen, spielte ein stilistisch vielfältiges und abwechslungsreiches Programm.

Zunächst wendete er sich dem Gedenken an Max Reger zu, aus dessen Schaffen er die anti-orgiastische "Phantasie d-Moll op. 135b" aus dem Todesjahr des Komponisten auswählte. Er gab sie sehr feinsinnig wieder, verlieh ihr eine schwebende Leichtigkeit. Hellklingende, silbrig brillierende Register wählte er für die Oberstimme, was zu einer deutlich gewollten Schärfe führte. In den tobenden Klangkaskaden, die von Arpeggien, Läufen und akkordischen Steigerungen lebten, gab es immer wieder Adagio-Takte mit wohlklingender Anmut. Aufregende Abschnitte, die sich als chromatische Läufe in die Höhe schraubten, verlangten ein griffiges Spiel, das Kocot sicher beherrschte. Intimität und Überschaubarkeit zeichneten den nachfolgenden, abrupt endenden "Contrapunctus XIV" aus Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" aus. Diese Fuge wurde zurückhaltend im Klang und introvertiert im Ausdruck in gradlinigen polyphonen Geflechten dargestellt.

Als "schlesischer Bach" wurde Adolf Friedrich Hesse einst bezeichnet, von dem es die "Fuga aus Mozarts Requiem" zu hören gab, in dem das Pedal unüberhörbar dominierte. Dunkel, mit einem grummelnden Pedal in Subbassgefilden, spielte er die "Ciaccona d-Moll" von Johann Pachelbel, die sich aber bald aus dieser Stimmung löste und sich filigraner, bewegter erschloss.

Einer reizvollen Farbenmischung gab sich Kocot bei der "Fantasie Nr. 2" des französischen Organisten und Komponisten Jehan Ariste Alain hin. Glanzvoll gespielte, viel Lebensfreude verströmende Harmonien erfreuten die Zuhörer in einem Stück voller fernöstlicher Einflüsse, Tanz und Philosophie und einem erwachenden Interesse am Jazz. Das den 94. Psalm ("Gott, des die Rache ist, erscheine!") adaptierende c-Moll-Werk von Julius Reubke mit seiner Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit zählt bei ambitionierten Organisten zum Standardrepertoire der deutschen Romantik und zur Weltliteratur. Kocot hatte dieses Werk bewusst an das Konzertende gestellt, um noch einmal zusammenfassend die Ästhetik der Seifert-Orgel und deren expressive Klangwelt zu präsentieren. Er gestaltete die mehrschichtige Sonate in Form und Harmonik zupackend, dramatisch und dennoch subtil und entwickelte die phonstark und bedingungslos in Moll schließende Tondichtung als musikalisch symphonisches Dokument.

(usp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort