Kevelaer Nessi Tausendschön zeigt die neue deutsche Leichtigkeit

Kevelaer · "Volles Haus, seit langem wieder", freute sich Stefan Reudenbach beim Kabarett unterm Dach. Zu Gast war die Theaterwissenschaftlerin, aber vor allem Chansonnette und Kabarettistin Nessi Tausendschön. "Das Beste" nannte sie ihren Querschnitt aus vier Programmen, denen sie "Nummern entrissen" hat.

 Nessi Tausendschön begeisterte die Zuhörer in Kevelaer.

Nessi Tausendschön begeisterte die Zuhörer in Kevelaer.

Foto: arfi

Gleich zu Anfang ging sie auf die freudigen Reaktionen der Zuschauer ein, griff ein Gimmeln oder einen vorlauten Zuruf auf. Das machte sie bei aller verbalen Gehässigkeit sympathisch, vor allem, wenn sie über sich selbst schmunzeln musste. Die Meisterin der oft bösen Fabulierkunst und der absurden Geschichten hat eine Stimme, mit der sie hervorragend singen und schauspielern konnte.

Sie lud zum Beispiel zur Stippvisite in "Die wunderbare Welt der Amnesie" ein oder wollte ihr Publikum "mit Jazz bestrafen". Mit dem Kanadier William Mackenzie, ein brillanter Slide-Gitarrist, hat sie einen neuen Bühnenpartner. Da Nessi auf dem Gebiet des Ausdruckstanzes eine selbst ernannte "Konifere" sei, drückte sie die unterschiedlichsten Gefühle aus, etwa eine "Welle mit Gischt" oder "Cybersex" in ihrem so genannten "Hula-Lied - Die neue deutsche Leichtigkeit". Hin und wieder zeigte sie mit melancholischen Liedern ihre verletzliche Seite, begleitet von einer singenden Säge. Als berlinernde Gabi Pawelka war sie nach einem Motivationsseminar auf Mannsuche.

Tausendschöns Figuren sind überzeugend. Ihr eigener Schutzengel etwa hat einen kleinen Webfehler, nämlich ein Alkoholproblem. Mit leicht verwischter Aussprache und lockiger Blondhaarperücke plauderte der "Rauschgoldengel" aus dem Nähkästchen der geflügelten Kollegen. "Menschen mit Charakterproblemen bekommen einen Schutzengel mit Problemen", erklärte sie. Tausendschön sprach auch als "Blauer Engel" von kleinen Freiheiten und verpasste den ersten Reihen eine Dusche aus der Flasche. Das Publikum hatte Spaß an den Verwandlungskünsten und den kabarettistischen lebensklug aufgearbeiteten Alltäglichkeiten. Nessi Tausendschöns Spielfreude bescherte den Zuschauern gelungene Zugaben, wie das russische Schlaflied in Kyrillisch oder die "Emotionalie" "Knietief im Paradies".

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