Kevelaer Niederländer restauriert Urlaubsträume

Kevelaer · Sie sind aus Alu, Holz oder Kunststoff, von innen manchmal mit Original-Sechzigerjahre-Tapeten verkleidet. Die betagten Wohnwagen, die Yury Meijer von Grund auf saniert, weisen vor allem auf die Individualität des Besitzers hin.

Kevelaer: Niederländer restauriert Urlaubsträume
Foto: Evers Gottfried

Yury Meijer hat mit ungewöhnlichen Schätzen zu tun. Ganz intensiv, denn er bereitet professionell alte Wohnwagen auf. "Alt" trifft es nicht ganz, klassisch sind sie, sogar Oldtimer. Die ältesten Schätzchen, die auf seinem Hof auf ihr zweites Leben vorbereitet werden, stammen aus den 50er Jahren. Und mit den 70ern macht Meijer dann auch schon Schluss. Denn zu dieser Zeit begann die Massenproduktion, und die interessiert den Niederländer überhaupt nicht. Mehr als einige wenige Exemplare einer Serie darf es nicht geben, wenn ein Wohnwagen sein Herz gewinnen soll.

An der Bundesstraße 9, zu Pfalzdorf gehörig, aber ganz knapp an der Ortsgrenze zu Bedburg-Hau gelegen, sieht jeder Auto- oder Fahrradfahrer im Vorbeifahren die ehemalige Hofanlage, auf deren Grundstücke zahlreiche urige Caravans stehen. Einige sind als solche kaum mehr zu erkennen, zwei, die als nicht wiederherstellbar eingestuft wurden und nur noch halb vorhanden sind, dienen Hühnern als Unterschlupf.

Wer näher hinsieht oder gar anhält, erkennt, wie intensiv an dem einen oder anderen Exemplar gebastelt wird. Entschuldigung - "Basteln" ist nun wirklich das falsche Wort, denn Yury Meijer saniert die Anhänger von Grund auf. "Hier wird nichts aufgepimpt, jeder Wohnwagen wird von Grund auf restauriert. Erst kommt die gesamte Einrichtung raus, um auf Vordermann gebracht zu werden, dann werden Boden, Wände, Decken aufgearbeitet." Wo immer das möglich ist, erhält der Restaurator originale Materialien wie Tapeten oder Bezüge. Denn am Ende sollen die guten Stücke zwar perfekt aussehen, aber nicht neu.

 Den Hof von Yury Meijer (oben) hat sicher jeder schon einmal im Vorbeifahren gesehen. Hier restauriert er die Oldtimer. Ob komplett mit Tapeten oder im klassischen Holzschick (rechts).

Den Hof von Yury Meijer (oben) hat sicher jeder schon einmal im Vorbeifahren gesehen. Hier restauriert er die Oldtimer. Ob komplett mit Tapeten oder im klassischen Holzschick (rechts).

Foto: EVers

Zum Beispiel das Modell "Suleica" von 1967. Eine typische Sixties-Tapete mit mediterranen Orten, Strand und Booten ist erhalten. Eine Truma-Heizung sorgte schon vor 50 Jahren für wohlige Wärme, auf ganz wenigen Quadratmetern hatten die Reisenden allen Komfort, den sie sich vorstellen konnten: Betten, fließend Wasser, eine Toilette eher nicht. "Urlaubsfahrten waren damals noch etwas sehr Exklusives. Auch mit einem Wohnwagen konnten sich das nur wenige leisten", erzählt der Unternehmer. Die Leute, die heute Kunden bei ihm werden, sind Individualisten. Für die Preise, die sie für ihren Klassiker geben, könnten sie sich auch einen zeitgemäßen Wohnwagen mit allen modernen Annehmlichkeiten kaufen. "Aber der hat nicht die Atmosphäre und fällt nicht auf", weiß Meijer. Es sind Paare, Familien, auch Alleinstehende, die sich in einen seiner restaurierten Wohnanhänger verlieben. Manche ziehen ihn mit einem modernen Auto, andere haben schon als Zugfahrzeug einen Oldie. "Ich habe schon an Frauen verkauft, die mit ihrem Wohnwagen alleine quer durch Europa fahren wollen. Sie wollen nicht unbedingt auffallen, aber ein Gefährt nach ihrem ganz eigenen Geschmack haben." Ein PAK (Praktische Apparate Fabrik) von 1949 ist derzeit sein ältestes "Ei" - der Besitzer ist schon vor Jahrzehnten gestorben.

Er und viele andere Exemplare wurden in Scheunen fast vergessen; mit Glück haben sie wenigstens trockengestanden. Viele stammen aus Belgien oder den Niederlanden, aber auch aus Deutschland oder England. Ein "Constructa" aus Belgien in Original-Himmelblau, ein deutscher Westfalia, ein riesiger englischer "Rollalong". Der war (und wird wieder sein) als Drei-Raum-Wohnung unterwegs. "Nach dem Krieg, als auch in England unzählige Wohnungen zerstört waren, haben darin viele Menschen gelebt", weiß der Pfalzdorfer. Immer schwieriger werde es, noch Wagen zu finden, bei denen sich die Restaurierung lohne. "Ich kaufe sie nicht mit der unbedingten Absicht, sie weiter zu verkaufen. Es sind einfach die Formen, in die ich mich vergucke. Ich möchte einfach alles wieder schön machen. Das Ganze ist ein sehr emotionales Geschäft", erklärt Meijer, der zugibt, von dieser Arbeit nicht leben zu müssen.

Er habe in den Augen vieler Verkäufer schon Tränen gesehen - schließlich geben sie ja mit dem Wohnwagen ein Stück ihrer Familiengeschichte aus der Hand. "Und ebenso ist es für die Erwerber ein großer Schritt: nicht nur eine Investition, sondern auch der Beginn eines neuen Lebensabschnitts."

Mehr Infos: www.st-bvoc.nl

(RP)
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