Orkantief "Friederike" im Gelderland Sturm stürzt Bäume, Dächer und Engel

Geldern/Weeze/Straelen · Das Orkantief wütete am Donnerstag im Gelderland, das dennoch glimpflich davonkam. Aufräum-Kommandos werden bis in die Nacht im Einsatz sein.

Sturmschäden am Niederrhein von Orkan "Friederike" 2018
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Sturmschäden am Niederrhein

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Foto: Latzel

Am frühen Nachmittag ließ die Kraft von "Friederike" im Gelderland nach. Für die Rettungskräfte war das Orkantief damit aber noch lange nicht erledigt. Weit mehr als 700 Einsatzstellen waren bis dahin bei der Kreisleitstelle aufgelaufen. "Feuerwehr und Polizei werden bis tief in die Nacht im Einsatz sein", meldete Kreispressesprecherin Ruth Keuken. Mit den schlimmsten Fällen hatten sie im Norden des Kreises zu tun. In Elten wurde ein 59-jähriger Mann auf einem Privatgrundstück von einem Baum erschlagen. In Emmerich stürzte ein Haus ein, auf der Rheinbrücke kippte ein Lkw um. Die Rheinbrücken in Emmerich und Rees waren zeitweise gesperrt. In Kalkar gab es bei Dacharbeiten einen Verletzten.

Relativ glimpflich kamen die Menschen im Gelderland, im südlichen Kreisgebiet, davon. Weil Hochspannungsleitungen durch entwurzelte Bäume und abgebrochene Äste zerrissen wurden, gab es Stromausfälle, etwa in Geldern, Straelen, Wachtendonk und Issum. Zahlreiche Straßen waren unpassierbar. An der B 58 gab es Ampel-Ausfälle und Sperrungen. Der Ortskern von Issum war zeitweise abgeschnitten, weil angrenzende Straßen durch herumliegende Dachteile blockiert waren. "Die Straßenmeistereien werden teilweise rund um die Uhr arbeiten, und einige Sperrungen werden sich bis ins Wochenende ziehen", kündigte Gregor Hürter an, Sprecher der Behörde Straßen NRW. Stellenweise ging den Einsatzkräften das Absperrmaterial aus, sie improvisierten mit Flatterband. Autofahrer sollten auch an behelfsmäßig abgesicherten Gefahrenstellen besonders vorsichtig sein.

Reichlich Papier wirbelte in Kerken durch die Luft: Für die Abfuhr bereitgestellte Papier-Mülltonnen kippten um, nur die Hälfte von ihnen wurde noch geleert. Laut Gemeinde dürfen nun bei der Leerung am 15. Februar neben den Tonnen Kartons mit Altpapier und Pappe zum Abholen platziert werden.

Die Nordwestbahn legte den Niers-Express, wie alle ihre Züge in Nordrhein-Westfalen, ab 10.59 Uhr still. "Die Kollegen versuchen, einen Busnotverkehr zu organisieren, aber das ist heute nicht so einfach, da ja der gesamte Bahnverkehr betroffen ist", so Sprecherin Stephanie Nölke. Bei der Niag gab es durch umgestürzte Bäume, sonstige Hindernisse und Sperrungen Ausfälle und Verspätungen, Busse wurden umgeleitet. Einige Fahrzeuge des städtischen Verkehrsbetriebs Geldern konnten die Depots nicht verlassen, bevor die Feuerwehr Bäume beiseite geräumt hatte.

Der Flugbetrieb am Airport Weeze lief weitgehend normal. "Eine Maschine aus Thessaloniki, die um 9 Uhr bei uns landen sollte, wurde nach Köln umgeleitet", berichtete Pressesprecher Holger Terhorst. Zwischen Weeze und Köln wurde ein Bustransfer organisiert. Andererseits flog wenig später eine Maschine aus Girona statt Eindhoven Weeze an. Der Eurowings-Flieger aus München kehrte auf halber Strecke um. Das seien individuelle Entscheidungen der Piloten, so Terhorst. Die Passagiere hätten relativ gelassen reagiert.

Schon bevor "Friederike" das Gelderland erreichte, hatte sie Auswirkungen. Mittwochabend schrieb ein Klassenlehrer einer Gelderner Schule in die klasseneigene WhatsApp-Gruppe, dass die Eltern nach Wetterlage entscheiden sollten, ob ihre Kinder kämen. Diese Wahlfreiheit nutzten generell viele Familien. "Knapp ein Viertel unserer Schüler ist zu Hause gebleiben", berichtete gestern Morgen Karin Bachmann, Rektorin der Michael-Grundschule in Geldern. Sport und Schwimmen fielen aus, alle blieben im Schulgebäude. In der Realschule an der Fleuth fehlten rund 200 der 800 Schüler. Die Sekretärinnen kamen mit der Entgegennahme der Abmeldungen kaum nach. An der Gesamtschule Kevelaer blieben rund 450 Kinder zuhause, am Gymnasium Kevelaer 145. Vor allem Kinder aus Weeze blieben daheim, weil sie fürchteten, dass der Niers-Express nicht fahren würde. Für viele endete der Unterricht früher, um 11 Uhr war beispielsweise Schluss an den Gelderner Gymnasien Lise Meitner und Friedrich Spee.

Die Realschule bleibt an ihrem Standort an der Fleuth auch heute zu, weil der Wind Glasscheiben und große Teile des Metallrahmens einer Überdachung heruntergerissen hat. "Es drohen weiter Glas und Metallteile herunterzufallen, da kann ich keine Schüler auf den Schulhof lassen", so Rektor Wilfried Schönherr. Später ergänzte die Stadt, dass auch die benachbarte Sekundarschule wegen Reparaturen heute geschlossen bleibt. Der Unterricht am Realschul-Standort Westwall findet wie gewohnt statt.

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