Kevelaer Riesen-Nachfrage nach "Mein Kampf"

Kevelaer · Die kritische Ausgabe von Hitlers folgenreicher Hetzschrift wird auch in Buchhandlungen in Kevelaer nachgefragt. Trotz des recht hohen Preises des zweibändigen Buches gibt es eine Reihe von Vorbestellungen.

 Das ist einer von zwei Bänden der kommentierten Ausgabe.

Das ist einer von zwei Bänden der kommentierten Ausgabe.

Foto: dpa

/ Geldern Zum ersten Mal seit 1945 steht Hitlers Hetzschrift "Mein Kampf" wieder in deutschen Buchhandlungen. Genauer gesagt: Sie steht dort nicht. Denn die Nachfrage nach der wissenschaftlich kommentierten Edition, die das "Institut für Zeitgeschichte" als Ergebnis intensiver Forschungsarbeit herausgegeben hat, sprengt alle Erwartungen und Kapazitäten.

Das Institut kommt mit der Produktion des schweren, zweibändigen Werks schon gar nicht hinterher. Zum Erscheinungstag Anfang des Jahres übertraf die Liste der Vormerkungen die Auflage haushoch, seit dem Erscheinen ist das Buch vergriffen.

Das ist überall so, auch in Geldern. In der Buchhandlung Keuck gab es seit Anfang des Jahres einige Dutzend Bestellungen, noch immer kommen welche dazu, und nicht einmal die Hälfte der aufgelaufenen Vormerkungen konnte bis jetzt bedient werden. "Wir kriegen immer nur nach und nach ein paar Bücher geliefert", so Händlerin Dorothee Kurschat. "Wir haben das Buch zu keiner Zeit einfach im Laden gehabt. Die Exemplare, die wir gekriegt haben, waren ja schon reserviert."

Die Nachfrage ist offenbar auch in Kevelaer bemerkenswert. "Bei dem doch recht hohen Preis hätte ich mit dieser Nachfrage nicht gerechnet", sagt Ludger Polders von der Buchhandlung Bercker. Immerhin 59 Euro kostet das Werk. Immer wieder gebe es Kunden, die danach fragen. Da es nicht direkt vorrätig ist, muss es bestellt werden. Die erste Auflage war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.

Auch in der Buchhandlung Aengenheyster gibt es ein reges Interesse an dem Buch, berichtet Linus Janßen. Wer das Buch kaufe und warum, könne er nur schwer einschätzen. Schließlich sage ja nicht jeder, was er mit dem Werk möchte. Er hat aber beobachtet, dass einige Lehrer das Buch bestellt haben, um es eventuell auch im Unterricht einzusetzen.

Auch Polders hat den Eindruck, dass die Kunden, die das Buch im Geschäft bestellen, an einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Werk interessiert sind. Auch wenn die Nachfrage recht ordentlich ist, sei das kein Vergleich zu anderen Büchern. "Bei uns gibt es beispielsweise derzeit ein Vielfaches an Nachfragen zu Literatur über Papst Franziskus", sagt Polders. Das liege wohl auch daran, dass Kevelaer eine Heilige Pforte bekommen habe.

Laut einer Umfrage des Goethe-Instituts unter Stadtbibliotheken in Städten mit mehr als 400.000 Einwohnern haben alle befragten Bibliotheken Exemplare zum Ausleihen bestellt..

In der Duisburger Stadtbibliothek hat das Team gleich drei Ausgaben bestellt; zwei Ausgaben gehen in den allgemeinen Leihverkehr; ein Exemplar verbleibt im Präsenzbestand, der eingesehen, aber nicht ausgeliehen werden darf. "Wir möchten die Auseinandersetzung mit Hitlers ,Mein Kampf' möglich machen", sagt Bibliotheksdirektor Dr. Jan-Pieter Barbian gegenüber der RP. Das Institut für Zeitgeschichte stehe mit seinem untadeligen Ruf dafür, dass man mit der folgenreichen Hetzschrift so umgehen kann. Die beiden Bände umfassen 1948 Seiten, wobei der Anmerkungsteil rund 1000 Seiten umfasst. Dr. Barbian geht davon aus, dass diese kritische Ausgabe auch dazu beitragen kann, Hitlers "Mein Kampf" zu entzaubern.

In der Kevelaerer Bibliothek gehört "Mein Kampf" bislang nicht zum Bestand. "Bislang hat hier auch noch keiner danach gefragt", sagt Claudia Jacobs von der Petrus-Canisius-Bücherei. Sie könne sich aber gut vorstellen, im Team über dieses Thema zu diskutieren. "Denn welche Bücher wir hier anschaffen, das wird immer vom ganzen Team entschieden." Die Öffentliche Bücherei in Geldern hat das Werk nicht für das eigene Sortiment bestellt und plant das zumindest derzeit auch nicht. "Wenn es ein Nutzer haben will, würden wir es über die Fernleihe bestellen", sagt die Chefin Daniela Verhoeven. "Das ist einfach sehr spezielle Sachliteratur, die wir nicht in unserem Bestand haben", erklärt sie weiter. "Es gibt Empfehlungen für das Bibliothekswesen, nach denen die Anschaffung eigentlich eher für Großstadtbibliotheken Sinn macht."

"Mein Kampf" kann wieder gedruckt werden, weil die Urheberrechte an dem Text mehr als 70 Jahre nach dem Tod Hitlers erloschen sind. Seit 1948 besaß der Freistaat Bayern diese Urheberrechte und verhinderte damit Neuauflagen.

(RP)
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