Kevelaer Schulsport auf die etwas andere Art

Kevelaer · An der Gesamtschule Kevelaer-Weeze wird Inklusion gelebt. Die Bundesjugendspiele wurden abgeschafft. Statt "höher, schneller, weiter" kommt es nun auf andere Qualitäten an. Dabei erfanden die Schüler auch ganz neue Spiele.

 In der Turnhalle der Gesamtschule Kevelaer-Weeze wird intensiv betreut.

In der Turnhalle der Gesamtschule Kevelaer-Weeze wird intensiv betreut.

Foto: Seybert

Der Fußball landet nicht im Tor, sondern rollt ein paar aufgestellte Kegel um oder landet im Basketballkorb. Caroline Kuczera ist zufrieden. "Die Spiele haben sich die Kinder selber ausgedacht", sagt die Sportlehrerin.

Die Aufgabe lautete, Spiele zu erfinden, die mit Fußball zu tun haben. In der Turnhalle wurden sie im Rahmen des Sportunterrichts getestet. Ein anderer Sportunterricht soll es sein. Denn als inklusive Schule, die sich das gemeinsame Lernen von Schülern mit und ohne Förderbedarf auf die Fahne geschrieben hat, wird auf die Bedürfnisse der Schüler eingegangen. "Zehn Prozent unserer Kinder haben Förderbedarf", sagt Schulleiter Michael Cuypers. Wie der aussieht, ist ganz unterschiedlich. Im besagten Sportunterricht gibt es einen Jungen, der Probleme mit der Orientierung bei Mannschaftsspielen hat. "Kindern, die Orientierungsschwierigkeiten haben, macht es keinen Spaß, wenn sie immer nur mitlaufen, während andere die Tore machen", erklärt Astrid Neumann von der Fachschaft Sport. Deswegen orientieren sich die Sportlehrer nicht einfach nur an den großen Sportarten, sondern erstellen einen eigenen Mix. "Der Ansatz ist vergleichbar für alle Fächer", erklärt der Schulleiter. "Die Schüler brauchen zur Motivation ein Erfolgserlebnis." Deswegen zähle beim Schulsport nicht mehr der allgemeine Leistungsgedanke von "höher, schneller, weiter", erklärt Neumann. Gerade Sport sei ein Fach, das für Diskriminierung anfällig sei.

Wer nicht über den Kasten springen kann, der springt zwischen zwei Kästen durch, in denen ein Ball ein Hindernis bildet. Die Angst vorm Kasten, ihn als Barriere zu sehen, wird durchaus ernst genommen. Bodenturnen beginnt mit Akrobatik. Das Bilden einer Pyramide ist eine Aufgabe, in der es um weit mehr geht, als nur Körperspannung, sondern auch das Miteinander. "Jeder spielt eine Rolle zum Gelingen des Projekts", beschreibt es der Schulleiter. So auch im Sportunterricht bei Caroline Kuczera. Wer sein Sportzeug vergessen hat, der notiert die Punkte bei den etwas anderen Fußballdisziplinen. Statt Stille ist gegenseitiges Anfeuern zu hören. Das einer der Schüler einen Integrationshelfer im Trikot neben sich hat, das ist normal.

An der Gesamtschule Kevelaer-Weeze wurden die klassischen Bundesjugendspiele abgeschafft. Denn auch dabei würde der Leistungsgedanke dem ihm Wege stehen, auf die einzelnen Schüler mit Förderbedarf einzugehen. Neumann zitiert eine Studie, in der festgestellt wurde, dass die eigentliche Sportzeit bei Sprint, Sprung und Wurf nur 45 Sekunden pro Schüler ausmache. Das meiste sei Warten bei den Bundesjugendspielen. Auch das wollte man nicht mehr. Stattdessen wurde ein Sport-und Spieltag geschaffen, in dem es auch Disziplinen gibt, in denen es um Geschicklichkeit und Teamarbeit geht. "Die guten Schüler, die trainiert sind und in den Sportverein gehen, kommen aber nicht zu kurz", betont Neumann. "Wenn die gut sind, sind die gut und das honorieren auch die schwächeren Schüler."

Beim Sport- und Spieltag wurden in Kevelaer allerdings Alternativen geschaffen. Sprünge werden nicht nach reinen Zentimetern bewertet, sondern nach Zonen. Beim klassischen Dosenwerfen geht es nicht um Kraft und Weite des Wurfs, sondern um die Koordination zwischen Auge und Hand.

Vor zwei Jahren wurde der Sport-und Spieltag zum ersten Mal durchgeführt. "Von Eltern und Kindern haben wir positive Rückmeldungen bekommen", sagt Neumann. "Und was ich absolut toll finde, wir haben an diesem Tag die wenigsten Krankmeldungen."

(RP)
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