Kevelaer Spezial-Unterricht für Schulverweigerer

Kevelaer · In einem besonderen Projekt engagieren sich Gocher Anna-Stift und Förderschule für die Reintegration von Schulverweigerern. Kevelaer sieht dazu keine Notwendigkeit: Es gebe nur einzelne säumige Schüler.

 Schulschwänzer und Schulverweigerer – manche kommen erst gar nicht, andere schalten komplett ab. In Goch gibt's ein Projekt dazu.

Schulschwänzer und Schulverweigerer – manche kommen erst gar nicht, andere schalten komplett ab. In Goch gibt's ein Projekt dazu.

Foto: Lamm

Das Vertrauen ist weg. Bei Lehrern, Eltern und Schülern. Alle Beteiligten empfinden die Situation als Belastung — doch wo gibt es einen "Rückweg" für passive Schulverweigerer? "Sie gehen zwar meist in die Schule, verweigern jedoch die aktive Teilnahme am Unterrichtsgeschehen", beschreibt Dominik Feyen, Leiter der Pestalozzi-Förderschule in Goch, die Problematik der Jugendlichen, die durchs schulische Raster fallen. Das Projekt "U-turn" der Jugendhilfe Anna-Stift soll ihnen bei der Umkehr helfen. Statt zur Schule gehen einige von ihnen nun in eine Intensiv-Klasse, die im Jugendheim "Astra" angesiedelt ist. Dort geht es nicht zuletzt um ein verändertes soziales Verhalten.

Ein Spezialprojekt für Schulverweigerer? "Diese Notwendigkeit wird bisher bei uns nicht gesehen", sagt Marc Buchholz, Schul- und Sozialdezernent in Kevelaer. "Natürlich gibt es auch bei uns Jungen und Mädchen, die sich schwer tun mit Schule", erklärt er. Aber man könne die Betroffenen an einer Hand abzählen. Wenn sich Schulleiter an die Stadt als Ordnungsbehörde wendeten, gebe es erst einmal Hausbesuche. "Manchmal wissen die Eltern ja gar nicht, dass ihr Kind die Schule schwänzt oder komplett abschaltet", sagt der Dezernent. Manchmal würden auch Ordnungsgelder verhängt, aber schon dies sei eine eher selten nötige Maßnahme. Buchholz hält auch für wichtig, dass Kevelaer an seinen dörflichen Grundschulen festhalte, wo Kinder, Lehrer und Eltern besonders nahe beieinander seien.

Der Mann aus der Verwaltung weiß aber, dass die Situation sich jederzeit ändern kann. Zumal man ja erst Erfahrungen mit einer großen Bandbreite unterschiedlichster Schüler machen müsse, die demnächst die inklusive Gesamtschule besuchen. Zum Glück werde es dort ja auch erfahrene Sonderpädagogen geben.

In Goch, beim Kooperationsprojekt von Jugendhilfe und Schule, nehmen die Schüler eine sechsmonatige Auszeit von ihrer Regel- oder Förderschule und besuchen eine Intensiv-Klasse. "Gelernt wird in Kleingruppen mit bis zu acht Teilnehmern. Das Unterrichtsmaterial gibt es aus der jeweiligen Herkunftsschule, damit ein Wiedereinstieg gelingen kann. Manchmal wird am Ende des Projekts auch eine andere, geeignetere Schulform für den Jugendlichen ausgewählt, grundsätzlich gehen die Schüler aber an ihren vorherigen Lernort zurück", erklärt August Böckenhüser von der Jugendhilfe Anna-Stift. "Durch diese Auszeit, die Verhalten schult und individuell fördert, machen wir Inklusion erstmöglich", sagt der Sozialarbeiter. Selbstreflektion und das Überdenken des eigenen Verhaltens seien Kernpunkte des Projektes.

Die Finanzierung des Projekts teilen sich Kommune, Land und Anna-Stift nach eingehender Prüfung des Förderbedarfs.

(RP)
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