Kevelaer Tränen bei der Lampedusa-Lesung

Kevelaer · Der szenischeVortrag in der Basilika sorgte für Betroffenheit. Auch die Situation vor Ort wurde thematisiert.

Lampedusa ist eine Insel südlich von Sizilien. Traurige Berühmtheit erlangte sie, als am 3. Oktober 2013 ein Boot mit 545 Flüchtlingen aus Eritrea und Somalia kurz vor der Küste sank. Die dramatischen Ereignisse konnten jüngst 100 Besucher während einer szenischen Lesung in der Basilika nachempfinden. Im Kerzenschein neben dem Lampedusa-Kreuz, hergestellt aus den Schiffsplanken eines Flüchtlingsbootes, fungierten dabei Stephan Vogt und Steffi Neu vom WDR als Erzähler.

"Es ist mir ein Anliegen, als Botschafterin für die Aktion pro Humanität auf diese etwas andere Art bewusst auf die aktuelle Flüchtlingssituation hinzuweisen", begründete die Radiomoderatorin ihre Zusage. Und auch ihr Kollege ließ es sich nicht nehmen, aus Bochum anzureisen. Begleitet wurden die beiden von Maren Loffeld, Nils Heyer und Arne Molderings. Als Sprecher schlüpften die jungen Leute dabei in Rollen der Einwohner von Lampedusa (vor allem der Fischer), Touristen, der Bürgermeisterin und natürlich zahlreicher Flüchtlinge. Der Text stammt von Antonio Umberto Riccò, der ihn aus Zeugenaussagen und dokumentarischem Material zusammengestellt hat.

Erzähler und Sprecher sorgten für Betroffenheit bei den Gästen im Gotteshaus. Wurde doch schnell klar, dass die Menschen im Boot Angst hatten, weil es viel zu klein war. Die weiteren Ausführungen zeigten, dass man viel mehr als nur 155 Männer, Frauen und Kinder hätte retten können. So schilderte ein Fischer, dass manche Kollegen Angst vor dem italienischen Gesetz hätten. Auch die Küstenwache sei viel zu spät gekommen und habe keine Flüchtlinge aufgenommen. Viele Flüchtlinge versanken auch vor den Augen der Fischer, weil sie einfach keine Kraft mehr hatten. Erzählungen, die manchem Besucher Tränen in die Augen trieben. Hatten doch am Ende rund 390 Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Untermalt wurde die Lesung mit Musik des Italieners Francesco Impastato, der speziell für dieses Projekt sechs Lieder komponiert hatte. Während einer Diskussionsrunde wurde im Anschluss noch einmal der Bogen zur aktuellen Flüchtlingssituation gespannt. Gudrun Blumenkemper vom Caritas-Fachdienst stellte die Situation der rund 500 Flüchtlinge in der Stadt dar und freute sich, dass die Spenden an diesem Abend in die Flüchtlingsarbeit fließen. Ans Mikrofon trat auch Dr. Elke Kleuren-Schryvers. Die Vorsitzende der Stiftung Aktion pro Humanität weiß, wie man den Menschen helfen kann: "Wir müssen den Flüchtlingen eine Perspektive in den Herkunftsländern schaffen." Ein Appell, dem sich auch der Domkapitular anschließen konnte. "Die Sorgen in der Bevölkerung wachsen", sagte Rolf Lohmann. Er befürchtet, dass die Willkommenskultur langsam einer ablehnenden Haltung gegenüber der steigenden Zahl von Flüchtlingen weichen könnte. "Deshalb ist ein Perspektivwechsel im Zeichen des Lampedusa-Kreuzes wichtig", gab der Pastor den Besuchern mit auf den Heimweg. "Gerade in der Osterzeit, wo es um Umkehr und Solidarität geht."

(RP)
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