Kevelaer Vom Tonklumpen zum Ei durch Künstlerhand

Kevelaer · Am Wochenende öffnete Susanne Stenmans ihre Werkstatt im Rahmen des bundesweiten Tags der offenen Töpferei. Traditionell wurde auch die Osterwiese eröffnet. Ein Tag für die Wertschätzung des Handwerks.

 Susanne Stenmans mit ihren Arbeiten in der Osterwiese. Dort sind ihre aktuellen Arbeiten zu sehen.

Susanne Stenmans mit ihren Arbeiten in der Osterwiese. Dort sind ihre aktuellen Arbeiten zu sehen.

Foto: Binn

Als erstes taucht Susanne Stenmans ihre Hände in den Eimer mit Wasser. Vor sich hat sie einen Klumpen Ton. "Ich bin Drehscheibentöpferin", sagt sie und beginnt mit ihrer Arbeit. "Ich drücke den Ton von mir weg", erklärt sie, während sich die Scheibe dreht und ihre Hände den Ton umfassen. "Das nennt man zentrieren. Es sieht einfach aus, aber ist das Schwierigste." Nach wenigen Sekunden steckt sie ihre Finger in die Mitte des Klumpens und bricht ihn auf. Nur wenige Augenblicke später entsteht vor den Augen der Zuschauer eine Vase. Das ist aber längst noch nicht das Ende.

Es kommt nicht täglich vor, dass der Kevelaererin in ihrem Atelier für künstlerische Keramik Menschen bei der Arbeit zuschauen. Aber am Wochenende beteiligte sich Stenmans am bundesweiten Tag der offenen Töpferei. "Das ist für uns so wichtig, damit die Menschen sehen, wie viel Arbeit hinter dem steckt, was wir tun, aber auch, wie individuell wir arbeiten", sagt Stenmans. "In den 70er Jahren gab es Töpferkurse und Keramik ohne Ende. Mitte der 80er ging es mit unserer Branche bergab", blickt sie in die Vergangenheit. Einerseits verdrängte der Import aus Fernost das deutsche Kunsthandwerk, andererseits lösten Gegenstände aus Glas und Edelmetall die Dekorationen aus Keramik ab.

In dem kleinen Ausstellungsraum von Stenmans stehen deckenhohe Holzregale. Sie sind voll mit Vasen, mit aufgebrochenem, gezackten Wänden, aber auch mit Gebrauchsgegenständen wie Kannen, Tellern und Bechern in allen erdenklichen Formen und Farben. Stenmans lacht. "Ich bin seit 25 Jahren selbstständig, da kommt einiges zusammen." Insgesamt gibt sie sich seit 38 Jahren der Profession des Töpferns hin.

Jeder Töpfer, betont sie, hinterlasse seine eigene Handschrift. Keiner kopiert die Sachen des anderen, das sei Ehrensache. In die Werkstatt hat sich auch ein Besucherehepaar aus Duisburg eingefunden. "Ihre Hühner erkenne ich von Weitem", sagt Besucherin Ilse Bembennek. Gemeinsam mit ihrem Mann Horst besucht sie regelmäßig Töpfermärkte und erfreut sich an der Vielfalt. "Mittlerweile sind es mehr die künstlerischen Objekte, nicht die Gebrauchsgegenstände, die die Hauptsache ausmachen", teilt Horst Bembennek seine Beobachtung mit. "Die schönen Farben, da liegt ja auch das Geheimnis. Die Arbeit kann man sich gar nicht bezahlen lassen", lautet seine Einschätzung. Töpferin Stenmans nimmt sich viel Zeit, zeigt die beiden großen Brennöfen und erklärt die verschiedenen Arbeitsschritte. "Drehen, glasieren, in den Ofen, aus dem Ofen", zählt sie die verschiedenen Arbeitsschritte auf. Der erste Brand erfolgt bei 860 Grad, der zweite bei 1250 Grad. Durch das Brennen schrumpfen die Objekte um 13 Prozent.

Mittlerweile ist aus der Vase zwischen den Fingern der Künstlerin ein Osterei geworden. Die fertigen stehen auf der Osterwiese im weitläufigen Garten. Eines ist beim Handwerk sicher: Kein Ei gleicht dem anderen, und das ist gut so.

(RP)
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