Kevelaer Wolfgang Seifen brilliert an alter Wirkungsstätte

Kevelaer · Mit einem Improvisationskonzert gastierte am ersten Tag der Wallfahrtszeit Professor Wolfgang Seifen aus Berlin. Seifen, der selbst von 1983 bis 2000 Organist an der großen Seifert-Orgel in der Basilika war, ist bekannt durch "Unvorhersehbares, Unerhörtes, Unglaubliches, Unberechenbares - Unerwartetes, Attackierendes, Bravouröses und auch Unterhaltsames" in seinem Vortrag. So ist es zumindest in Konzertkritiken zu lesen. Auch diesmal gelang es ihm, die Zuhörer in seinen Bann zu ziehen.

Mit einer 30-minütigen improvisatorischen "Phantasie, Adagio und Fuge" zum Thema "Maria, Maienkönigin, dich will der Mai begrüßen", entwickelte er an der Orgel einen beschwingten, frühlingshaften Klangzauber. Alle Dispositionen kamen zu ihrem Recht, Haupt-, Ober- und Schwellwerk wurden in meisterlicher Vollendung dargestellt. In den folgenden drei Choralbearbeitungen zelebrierte Seifen in zart weichen Tönen das marianische Antiphon (Salve Regina), fragte verhalten mit der Vox Humana "Sagt an, wer ist doch diese" und ließ die Melodie "Wunderschön prächtige" im Fagott-Register mit elfengleichen Stimmen umspielen. Spannungsgeladene fordernde Passagen wechselten sich in der "Symphonie für große Orgel" mit quirligen chromatischen Läufen und meditativen Teilen ab. Harmonisch, melodiöse Kolorite erzeugten Assoziationen wolkiger dahingleitender Fiktionen. Im "Ave spes nostra" als Andante und Allegro vivace wurde nicht ein Register ausgelassen. Kraftvolle, ohrenbetäubende Posaunenakkorde ließ der Professor durch geschickte Pausenkombinationen sich in der Akustik des Raumes entfalten.

Schlicht stellte er die Cantilene "Consolatrix Afflictorum" vor und ließ mit spitzen Flöten im Scherzo "Du Freude der Christen" die Läufe fließen. Im "Ave Maria, gratia plena" bezog er das Glockenspiel mit ein und steigerte sein Spiel im Finale fast bis ins Unerträgliche, um sich kurz darauf im Fernwerk in klarer Linie und ausgesprochen dezent und ausgeglichen wiederzufinden. Fast übermächtig majestätisch und breit ausladend kam er zum Ende.

Ein Konzert, wie man es von Seifen gewohnt ist, eben mit unerschöpflicher Kreativität und faszinierender Spieltechnik.

(usp)
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