Kranenburg Abschied aus dem "Märchenland"

Kranenburg · Die Familie Milani verließ Kranenburg und kehrte nach Albanien zurück, nachdem ihr Asylgesuch abgelehnt wurde.

 Kurz vor dem Abschied aus Kanenburg (v. l.): Tochter Brunilda, Mutter Antigona, Tochter Besarda und Vater Flamur Milani aus Albanien.

Kurz vor dem Abschied aus Kanenburg (v. l.): Tochter Brunilda, Mutter Antigona, Tochter Besarda und Vater Flamur Milani aus Albanien.

Foto: Gottfried Evers

Als für Antigona Milani die letzte Stunde in der Kleiderkammer des "Runden Tisches" in Kranenburg gekommen war, weinte sie bitterlich. Zu sehr war ihr die ehrenamtliche Tätigkeit im Dienste der Flüchtlinge ans Herz gewachsen. Nun aber stand ein noch traurigerer Abschied bevor. Die Familie aus Albanien mit Vater Flamur (40), Mutter Antigona (32), Tochter Brunilda (11) und der kleinen Besarda (3) verließen in diesen Tagen freiwillig die Grenzfeste, nachdem ihr Asylgesuch abgelehnt worden war.

Seit September 2015 lebte die Familie Milani in Kranenburg, zunächst in der Roghmannstraße 4 und danach in der Nimweger Straße 22. "Unser Haus in Albanien war in einem ganz schlechten Zustand, halb verfallen, und wir hatten kein Geld für eine Restaurierung", erzählt Flamur. Die Einkünfte reichten gerade, um etwas zum Essen zu kaufen. In Deutschland wollte die Familie Arbeit suchen und sich eine neue Existenz aufbauen. Als Asylanten, die politisch oder religiös verfolgt werden, hat sich die Familie nie gefühlt. Sie wohnten in dem kleinen Dorf Milan mit 47 Häusern. Alle Einwohner waren Moslems. Dennoch gibt es in ihrer Gegend keine Konflikte zwischen Moslems und Christen, im Gegenteil: Die Moslems schätzen die aus Albanien stammende Mutter Teresa sehr.

Über Regensburg, Unna und Hamm, teils mit dem Bus oder mit dem Zug, unterbrochen von Aufenthalten in Auffanglagern, kam man nach Kranenburg. "Hier kamen wir uns vor wie in einem Märchenland", blickt die Mutter zurück. In großer Herzlichkeit wurden die Flüchtlinge aufgenommen. Die Eltern lobten die Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter des Ordnungs- und Sozialamtes in Kranenburg, dazu die Sprachlehrer und ehrenamtlichen Helfer des "Runden Tisches". Drei Familienmitglieder besuchten einen Sprachkurs. Tochter Brunilda war in der zweiten und dritten Klasse eine sehr gute Schülerin der St.-Georg-Grundschule in Nütterden. Sie traf dort auf gute Lehrkräfte. Sie spricht erstaunlich gut deutsch und fungiert für ihre Eltern als Dolmetscherin. Brunilda erinnert sich gerne daran, dass sie sich bei der Vollversammlung aller Zugewanderten aus Kranenburg, zusammen mit einem Mädchen aus Syrien, schminken durfte. Mutter Antigona wurde bei ihren ersten Einkäufen in Kranenburg von Gemeindemitarbeiterin Adelheid Bachmann begleitet. Inzwischen kannte sie sich aus. Zur Anhörung, dem so genannten "Interview", fuhr die Familie zum Bundesamt für Integration nach Münster.

Ihr Antrag auf Asyl wurde abgelehnt. "Albanien ist ein sicheres Herkunftsland", war die Begründung. Vom "Runden Tisch" wurde die Familie, die inzwischen Kranenburg in ihr Herz geschlossen hatte, mit einer kleinen Feier verabschiedet. Jetzt fuhr ein Taxi vor und brachte Eltern und Kinder zum Flughafen nach Düsseldorf. Nach der Abfertigung startete die Maschine nach Tirana. Dort wurde die Familie vom Bruder des Vaters erwartet. In seinem Haus ist ein Zimmer, in dem die vierköpfige Familie aufgenommen wurde. Der Bruder hat eine Frau und drei Kinder, ferner lebt dort die Mutter der beiden Brüder. In räumlich engen Verhältnissen müssen also zehn Personen wohnen. Antigona Milani hätte noch gerne weitere 30 Jahre in Deutschland gelebt. "Die Menschen hier sind so nett, und sie helfen so viel", sagt sie. Und Flamur Milani, der 25 Jahre als Handwerker in Griechenland gearbeitet hat, fand es in Kranenburg schöner als im Land der Hellenen. Umso schmerzlicher war der Abschied.

(RP)
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