Bedburg-Hau ADHS: Mit Training weg von Ritalin

Bedburg-Hau · An der LVR-Klinik in Bedburg-Hau wird eine Therapie angeboten, mit der man die Symptome von ADHS verbessern und den Einsatz von Medikamenten reduzieren kann. Gerade bei Kindern kommt das computergestützte Angebot gut an.

 Neurofeedback im Selbstversuch: RP-Mitarbeiter Ludwig Krause schafft es, durch Kraft seiner Gedanken den Smiley zum Lachen zu bringen. Schlüssel sind Konzentration und Entspannung.

Neurofeedback im Selbstversuch: RP-Mitarbeiter Ludwig Krause schafft es, durch Kraft seiner Gedanken den Smiley zum Lachen zu bringen. Schlüssel sind Konzentration und Entspannung.

Foto: Gottfried Evers

Sie können sich nicht konzentrieren, ihre Aufmerksamkeit geht schnell verloren. Sie sind impulsiv, manchmal auch hyperaktiv. Kinder, die an der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leiden, können für ihre Umwelt zur Belastung werden, ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist häufig eine mehr oder weniger hohe Dosis des Medikaments Ritalin. Dass es auch anders gehen kann, zeigt eine Alternativ-Behandlung, die an der LVR-Klinik in Bedburg-Hau angeboten wird. Dort wendet der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut Klaus Conrad bereits seit fünf Jahren die Methode des Neurofeedbacks an.

"Das ist echtes High-Tech", sagt Conrad und zeigt auf den Computer, an dem zahlreiche Elektroden angeschlossen werden können. Mit ihnen lassen sich Gehirnwellen messen, die mit Hilfe des Neurofeedbacks, auch EEG-Feedback genannt, trainiert werden sollen. Zugegeben, das klingt im ersten Moment technisch und kompliziert. Das Kind sieht aber weder Messkurven noch die Unmengen Daten, die der Computer auswirft, sondern einen Smiley, den es zum Lachen bringen soll, oder eine Raupe, die sich in einem Rennen gegen ihre zwei Artgenossen durchsetzen soll. Gesteuert wird das Spiel dabei allein durch seine Hirnaktivität.

"Ich stelle das Programm so ein, dass zum Beispiel der Smiley nur dann anfängt, zu lachen, wenn die gewünschten Hirnwellen trainiert werden", sagt Conrad. Die einen messen die Entspannung des Kindes, die andere die Wachheit, eine dritte die Konzentration. Schafft das Kind, sich auf das Training einzulassen und das Trainingsziel zu erreichen, bekommt es eine Belohnung. "Ziel ist es, einen dauerhaften Trainingseffekt zu erreichen und diesen auf den Alltag zu übertragen. Das Kind kann dann in für ihn schwierigen Situationen, wie Hausaufgaben oder Stillarbeit, das Gelernte anwenden", erklärt Conrad. Schädliche Nebenwirkungen? Keine. Aber: Allein mit Neurofeedback lassen sich die Probleme nicht lösen. "Die Therapie hat dann am meisten Aussicht auf Erfolg, wenn sie in ein Gesamtkonzept eingebunden ist", sagt Conrad. Genau so wichtig seien Elterntraining, Verhaltenstherapie und andere begleitende Behandlungen. Dann sei es auch möglich, die Anwendung von Ritalin zu verringern oder ganz auf das Medikament zu verzichten. "Die Wirksamkeit der Methode ist durch viele Studien belegt", betont der Therapeut.

Trotzdem zahlen viele Krankenkassen gar nicht oder nur einen Teil der Kosten — rund 50 Euro pro einstündiger Sitzung. "Zehn Treffen sollten es mindestens schon sein", sagt Conrad, "in der Regel zweimal in der Woche". Ab sieben Jahren ist die Therapie möglich, mehr als 100 Patienten hat Klaus Conrad in den vergangenen fünf Jahren schon erfolgreich behandelt. Der Bedarf ist groß, auf der Warteliste stehen über 30 Interessenten. "Es handelt sich um eine sehr zeitintensive Behandlung, darum können wir auch nicht so viele Kinder gleichzeitig therapieren", sagt Conrad.

Übrigens lässt sich das Neurofeedback nicht nur bei ADHS anwenden: Auch Fälle von Depression, Migräne oder Tinnitus konnten so erfolgreich behandelt werden.

(RP/ac)
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