Kreis Kleve Altersarmut im Kreis Kleve nimmt zu

Kreis Kleve · Immer mehr ältere Menschen können nicht von ihrer Rente leben. Sie sind auf die gesetzliche Grundsicherung angewiesen. Experten sprechen von hoher Dunkelziffer. Viele Rentner hungern lieber, statt Sozialhilfe anzunehmen.

 Für immer mehr ältere Menschen schrumpft die Geldsumme, die ihnen zur Verfügung steht, immer mehr.

Für immer mehr ältere Menschen schrumpft die Geldsumme, die ihnen zur Verfügung steht, immer mehr.

Foto: NGG

Im Kreis Kleve waren 1414 ältere Menschen im Jahr 2012 auf die gesetzliche Grundsicherung zum Lebensunterhalt angewiesen. 2550 Menschen insgesamt lebten 2012 im Kreis Kleve von Grundsicherung — sieben Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Hierzu gehören, so die NGG, neben Rentnern auch Menschen mit voller Erwerbsminderung. Darauf weist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hin. Diese Zahlen gehe aus der aktuellsten Erhebung hervor, die vom Statistischen Landesamt (IT NRW) zur Altersarmut vorliege. Die Gewerkschaft warnt vor einer "Alt-Arm-Spirale". Wer heute im Job stehe, müsse einen deutlich besseren Schutz vor Altersarmut bekommen, fordert die NGG-Region Nordrhein.

"Das ist schockierend. Aber in Wahrheit ist es noch viel schlimmer: Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer der Menschen, bei denen die Rente zum Leben nicht reicht, noch sehr, sehr viel höher ist", sagt Hans-Jürgen Hufer, Geschäftsführer der NGG-Region Nordrhein. Das bestätigt Herbert Looschelders, Geschäftsführer des Vereins Selbsthilfe, der Sozialberatung anbietet. "Wir stellen fest, dass immer mehr ältere Menschen unsere Beratungsdienste in Anspruch nehmen", sagt Looschelders. Sie hätten häufig ein Problem damit, Sozialleistungen vom Staat anzunehmen. "Die Hemmschwelle bei Rentnern, die nicht genug Geld zum Leben haben, ist groß. Sie sparen sich lieber jeden Bissen vom Mund ab, als zum Sozialamt zu gehen", betont der Sozialexperte. Auch die Angst, Angehörige finanziell zur Last zu fallen, sei bei den Senioren groß.

Hufer macht für die zunehmende Altersarmut das Absenken des Rentenniveaus und zu niedrige Löhne verantwortlich. "Wir können uns keine Renten im Sinkflug erlauben", so Hufer. Oberste Priorität müsse eine Stabilisierung der Rente haben. "Zudem brauchen wir flexible Übergänge in den Ruhestand. Die Rente mit 67 bedeutet für den Großteil der Beschäftigten schließlich nichts anderes als zusätzliche Abschläge bei der Rente, weil sie bis 67 gar nicht durchhalten können", betont der NGG-Geschäftsführer. Wichtig seien auch Tariferhöhungen. Die NGG werde deshalb schon im März beispielsweise für die Beschäftigten in den Hotels und Gaststätten im Kreis Kleve eine Tarifrunde mit einer Lohnforderung zwischen fünf und sechs Prozent ansteuern. In gleicher Höhe will die Gewerkschaft für das Ernährungsgewerbe verhandeln. Beschäftigte in Niedriglohn-Branchen laufen, so die NGG, geradewegs auf die Altersarmut zu. Looschelders hält beispielsweise die Löhne des Reinigungs- und des Frisörgewerbes für sehr gering.

Die "zum System gewordene befristete Beschäftigung" sorge für Lücken bei der Beitragszahlung in die Rentenkasse, so sagte der NGG-Geschäftsführer. "Das ist Gift für eine Rente, die später zum Leben reichen soll", sagt Hufer. Schon heute bekämen Durchschnittsverdiener, die 35 Jahre durcharbeiten, eine Rente, die nur knapp oberhalb der Grundsicherung liege. Wer sich an der Niedriglohnschwelle von 1800 Euro Monatseinkommen bewege, brauche hierfür sogar 45 Beitragsjahre, so die NGG. Looschelders geht davon aus, dass die Rentenlücke in den nächsten Jahren noch größer wird.

(RP)
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