Kalkar Asylkosten belasten Haushalt in Kalkar

Kalkar · Weil immer mehr Flüchtlinge zugewiesen werden, muss die Nicolaistadt einen Nachtragshaushalt einreichen. Langsam wird auch der Platz im neuen Flüchtlingsheim am Schafweg knapp. Die Kommune sucht daher nach Privatwohnungen.

 Piratheepan Thuraiyan ist aus Sri Lanka nach Kalkar gekommen. Er gehört zu den Flüchtlingen, die ein Einzelzimmer im Asylbewerberhaus am Schafweg haben.

Piratheepan Thuraiyan ist aus Sri Lanka nach Kalkar gekommen. Er gehört zu den Flüchtlingen, die ein Einzelzimmer im Asylbewerberhaus am Schafweg haben.

Foto: Gottfried Evers

Wer jemanden unbefangen nach Asylbewerbern fragt, bekommt oft immer die gleichen Aussagen zu hören: Die wollen kein Deutsch lernen. Die wollen nicht arbeiten.

Amjad Sulaimankhel möchte Deutsch lernen. Erst hat er den Kursus besucht, den die Stadt Kalkar organisiert hat. Nun hat er auf eigene Kosten einen VHS-Lehrgang gebucht, um die Sprache noch intensiver zu lernen. Barry Sago möchte arbeiten. Er hat ein Jobangebot vom "Lindchen". Doch der junge Mann darf dort nicht tätig werden. Der Kreis hat das untersagt, weil der Flüchtling den Arbeitsplatz einem anderen wegnehmen würde.

Zwei Beispiele aus dem "Flüchtlingshaus" in Kalkar, die zeigen, dass es so einfach nicht ist, als Asylbewerber Fuß zu fassen. Deutschkurse sind nicht vorgesehen. Arbeiten ist nur erlaubt, wenn kein anderer den Job machen will. "An diese Gesetzeslage sind wir gebunden", sagt Stefan Urselmans vom Ordnungsamt der Stadt Kalkar.

Die Nicolaistadt hat mit einer steigenden Zahl von Asylbewerbern zu kämpfen. Ihre Zahl ist in letzter Zeit weit stärker gestiegen, als die Verwaltung erwartet hat. Die Folge ist, dass damit auch gleichzeitig die Aufwendungen für die Flüchtlinge steigen. Nach bisherigen Schätzungen des Kämmerers werden die Kosten mindestens 140 000 Euro höher liegen als veranschlagt. "Das ist im Haushalt noch kompensierbar, aber wir sind verpflichtet, das neu darzustellen. Daher wird es einen Nachtragshaushalt geben", hatte Stefan Jaspers im Rat mitgeteilt.

"Die Mehrkosten sind ein Phänomen, das sich durch die ganze Republik zieht", sagt der Kämmerer. Die Kommunen müssten unbedingt entlastet werden. "Wir werden hier mit den Kosten alleine gelassen, dabei sind die Kommunalfinanzen ohnehin schon angespannt." Seit 2011 hätten sich in Kalkar die Ausgaben in diesem Bereich vervierfacht. 2012 gab es 34 Asylbewerber in der Stadt, 2013 waren es 46, momentan ist die Zahl auf 70 angestiegen.

Gestiegen sind auch die Arztkosten für die Flüchtlinge, die die Kommune tragen muss. 35 000 Euro beträgt dafür der Haushaltsansatz, mit dem die Stadt bislang recht gut hinkam. In diesem Jahr fielen bereits 46 100 Euro an. Teurer wird es vor allem, weil immer mehr Asylbewerber mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen haben. Ein Mann, der Anfang des Jahres nach Kalkar kam, musste zweimal in der Psychiatrie behandelt werden. Allein das kostete 5800 Euro.

Derzeit leben von den 68 Asylbewerbern 25 im Flüchtlingshaus am Schafweg. Ein Investor hatte das bäuerliche Anwesen umbauen lassen. Die Stadt hat es angemietet und dort seit dem Frühjahr Flüchtlinge untergebracht. Der Eindruck beim Ortstermin ist durchaus positiv. Die Zimmer sind hell, die Sanitärbereiche neu eingerichtet. Die Bewohner stört allerdings, dass sie jetzt teilweise zu zweit auf einem Zimmer sind. Doch dass ist auch der aktuellen Lage geschuldet. Anders könnten gar nicht mehr alle aufgenommen werden. Urselmans geht davon aus, dass das Haus in den nächsten Wochen voll belegt sein wird. Die Stadt sucht daher bereits nach Privatwohnungen, um diese anbieten zu können. "Wir würden uns über Mietangebote freuen", sagt Andreas Stechling von der Stadt Kalkar.

Problem sei, dass die Stadt kaum planen könne. Oft sei es so, dass es erst am Tag zuvor den Hinweis gibt, dass ein Flüchtling kommt. Über Nacht müssten Möglichkeiten geschaffen werden, um ihn unterzubringen. Auch müsse für die Grundversorgung gesorgt werden. "Die meisten haben nichts dabei als eine Plastiktüte mit Habseligkeiten."

So ging es auch Amjad Sulaimankhel, als er aus Afghanistan nach Deutschland kam. Viele Wochen war er auf der Flucht, erzählt er. Seine Eltern waren getötet worden, auch seine Geschwister. "Ich bin ganz alleine", sagt er. Über viele Wochen schlug er sich bis nach Deutschland durch. Warum ausgerechnet hierhin? "Ich habe im Fernsehen gesehen, das ist ein gutes Land. Da möchte ich leben." Zurück will er nicht. Afghanistan sei nicht mehr seine Heimat. Er habe dort niemanden. Das Haus am Schafweg ist so etwas wie eine neue Heimat geworden. Drei Jahre ist er bereits in Kalkar. "Ich will hier wohnen, ich will hier arbeiten", sagt er. Noch darf er nicht arbeiten, weil sein Verfahren noch läuft. Ein Festjob, das sei sein Traum. Aber bis dahin bleibt ihm erstmal nur eins: Abwarten bis sein Verfahren beendet ist.

(RP)
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