Kleve Auch in Kleve: Videotheken sterben aus

Kleve · Talat Aktas führte am Niederrhein einst zwölf Videotheken. Eine ist ihm geblieben. Zuletzt musste er die Filiale in Kleve schließen. In der Schwanenstadt gibt es jetzt nur noch einen Filmverleih - den am Bahnhof.

 Jürgen Gorissen trägt einen Umzugskartonaus aus der Videothek "Maxi Video" an der Albersallee, die schließen musste. Gorissen war 25 Jahre in der Videothek beschäftigt. Die Mitarbeiter aus der geschlossenen Klever Videothek versucht Inhaber Talat Aktas, in der Gocher Filiale unterzubringen.

Jürgen Gorissen trägt einen Umzugskartonaus aus der Videothek "Maxi Video" an der Albersallee, die schließen musste. Gorissen war 25 Jahre in der Videothek beschäftigt. Die Mitarbeiter aus der geschlossenen Klever Videothek versucht Inhaber Talat Aktas, in der Gocher Filiale unterzubringen.

Foto: Gottfried Evers

Anfang der 1980er Jahre schossen sie wie Pilze aus dem Boden - die Videotheken. Und heute? In den letzten fünf Jahren hat sich ihre Anzahl deutschlandweit halbiert.

Talat Aktas führte im Jahr 2012 noch 80 Videotheken, er kennt die Situation sehr genau. Nun musste er sein Geschäft in Kleve schließen. Jetzt besitzt er nur noch 15 Filialen. Seit 1992 ist der einstige Hobbyfilmkritiker in der Branche tätig. "Seitdem es Internetplattformen gibt, von denen illegal Filme heruntergeladen werden können, hat sich die Lage drastisch verschlechtert", erklärt Aktas. Gerade junge Leute, Achtzehnjährige etwa, fänden es cool, Filme über die Onlineportale zu besorgen. Das funktioniere schneller und sei obendrein noch kostenlos, so der Videothekeninhaber.

In dem Klever Geschäft an der Albersallee kostete das Ausleihen eines Filmes 1,50 Euro. Ein geringer Preis, vielen aber dennoch zu teuer, klagt Aktas. Die Kunden, die noch in seine Videotheken kämen, seien eher Familien, Pärchen oder Singles, die sich Beratung wünschten. Klienten dürfte den klassischen Videotheken wohl auch über kostenpflichtige Fernsehsender abhanden gekommen sein. Dank Sky und anderen Pay-TV-Anbietern sowie Onlinevideotheken lässt sich -auch ganz legal- eine große Auswahl an Filmen von zu Hause aus genießen - ohne den Gang in die Videothek.

Die Zahlen sprechen Bände: Waren es laut Interessenverband des Video- und Medienfachhandels (IVD) im Jahr 2009 in Deutschland noch mehr als 3000 Videotheken (inklusive Automaten), so sind davon im vergangenen Jahr nur noch 1544 übrig geblieben. Dass sich das Filmformat von Video über DVD zu Bluray verändert hat, spielt dabei kaum eine Rolle, wenngleich sich das Sortiment einer klassischen Videothek heute anders zusammensetzt. Daher hat sich bei Industrie und im Handel längst der Begriff Mediathek etabliert.

Aktas führte am Niederrhein einst zwölf Filialen. Eine konnte er bis jetzt erhalten - in Goch. Die Mitarbeiter aus der geschlossenen Klever Videothek versucht er dort weiterzubeschäftigen. Im Schnitt seien bei seinen deutschlandweit 65 geschlossenen Videotheken je Filiale sieben Arbeitsplätze von der Schließung betroffen. Eine traurige Entwicklung.

Und wie beurteilt die Konkurrenz die Situation? Gegenüber des Klever Bahnhofs betreibt Alexander Korb die einzig verbleibende Videothek in der Schwanenstadt. Korb führt mit Geschäftspartnern zusammen insgesamt zehn Videotheken, unter anderem in Duisburg, Marl und Münster. Auch er bestätigt einen Rückgang der Verleih- und Verkaufszahlen. Insgesamt könne er sich als Mediathekinhaber aber nicht beklagen. In Kleve habe er mit der Nähe zu Bahnhof und Post eine gute Lage, so Korb. Zudem sei er mit der Zeit gegangen: DVD und Bluray zusammen machten nur 50 Prozent seines Umsatzes aus, weitere 30 kämen aus Computerspielen.

Ob sich das Format "Vor-Ort-Videothek", ganz gleich ob in der Ausführung als Familien-, Erwachsenen- oder Kombivideothek, langfristig über Wasser halten kann, bleibt fraglich.

(vdsa)
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